Terror-Prozess startet am Oberlandesgericht Frankfurt

Als die angeklagten Reichsbürger in den Saal gebracht werden, herrscht Totenstille

von Felix Fromm, Bella Christophel und Larissa Pitzen

Es ist eines der größten Terrorverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik!
Sie wollten die Demokratie des deutschen Staates stürzen – wenn es sein muss mit Gewalt: die Reichsbürger-Gruppierung rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Nach den Razzien im Dezember 2022 wurden 27 Verdächtige angeklagt. Vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt startete nun der Prozess – doch nicht ohne Verzögerungen.

Soll die Kamera mitlaufen?

Als die Angeklagten in den Saal geführt werden, herrscht absolute Stille. Jeder der Tatverdächtigen betritt den Raum mit aufrechter Haltung. Sie wirken fast stolz und keineswegs klein oder so, als wären sie sich einer Schuld bewusst.

Doch der erste Verhandlungstag beginnt holprig; Noch bevor die Anklageschrift verlesen wird, kommt es zu einigen Anträgen der Verteidigung. Unter anderem will die Verteidigung, dass die Verhandlung aufgezeichnet wird, da der Prozess in drei verschiedenen Städten stattfindet: „Wir wissen nicht, was in München passiert [...], wir wissen nicht, was in Stuttgart passiert. Wir hätten das aber gerne nachgeprüft“, verkündet Roman von Alvensleben, Strafverteidiger von Reuß. Der Senat lehnt dies allerdings ab.

Was war passiert? Die Geschichte um Tag X

Allen neun Verdächtigen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein, oder diese unterstützt zu haben. Der Anwalt von Prinz Reuß, Roman von Alvensleben, sieht das anders: „Ich halte ihn nicht für einen Gewalttäter und schon gar nicht für einen Terroristen. Ich denke, es wird sich am Ende anders herausstellen, als es in der Anklage von dem Bundesgeneralanwalt formuliert ist.“ Aus der Anklage geht hervor: Die Gruppe plante, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland am sogenannten Tag X zu beseitigen – auch mit Gewalt.

Doch die Beamten sollten ihnen zuvorkommen: Nach monatelangen Ermittlungen gelingt es ihnen, die Tatverdächtigen festzunehmen. Bei bundesweiten Razzien stürmen die Einsatzkräfte mehrere Gebäude und finden Erstaunliches: 382 Waffen und 148.000 Munitionsteile können die Beamten sicherstellen.

Ein Investigativ-Team von Stern und RTL haben Einsicht in die Ermittlungsakten erhalten. In der Doku-Serie „stern Investigativ“ widmet sich die Folge „Inside Reichsbürger – wie nah sind sie der AfD?“ dem Thema. Die ganze Folge gibt es auf RTL+ zu sehen!

Die mutmaßlichen Täter: Ex-Politikerin und ehem. Bundeswehrsoldaten

Neben Prinz Reuß sind auch Ex-Bundeswehrsoldaten unter den acht weiteren Beschuldigten, genauso wie die Ex-AfD-Abgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann. Einer der Mitangeklagten ist vor Prozess-Eröffnung bereits verstorben.

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Bis zur Urteilsverkündung gilt für die Angeklagten die Unschuldsvermutung.

Im Video: "Führungsriege hat sich offen gezeigt, nicht versteckt"

Prozess zieht sich über mehr als 40 Prozesstage

Ein provisorischer Gerichtssaal.
Hier findet der Prozessauftakt statt.
RTL

Der gesamte Prozess soll sich der Staatsanwaltschaft zufolge über mehr als 40 Prozesstage ziehen, die bis in das Frühjahr 2025 reichen. Schon die Anklageschrift konnte am ersten Prozesstag nicht vollständig verlesen werden – insgesamt sind es sind immerhin 701 (!) Seiten.

Der gigantische Prozess zieht Medien und Zuschauer aus ganz Deutschland an. Zu viel für die üblichen Räume. Deshalb wurde ein provisorischer und vor allem größerer Gerichtssaal aufgebaut. Hier finden circa 120 Zuschauer und Pressevertreter Platz.