Viele Betriebe vor dem Aus: Warum diese Apothekerin so verzweifelt ist
"Mir steht das Wasser bis zum Hals", sagt Pharmazeutin Martje Meinke aus Kiel. Doch sie ist mit ihren Sorgen nicht alleine - Probleme gibt es für Apotheken aktuell viele.
Martje Meinke kämpft in unserem Interview mit den Tränen.
OT Martje Meinke, Apothekerin
1847
"Wirklich. Es ist schwer. Es macht mich fertig."
22 Jahre hat sie ih-re Apotheke in Kiel über Wasser halten können. Die Kunden kommen. Aber das Geld fehlt. Mittler-weile läuft das Ge-schäft nur noch, weil sie ihre priva-ten Ersparnisse auf-braucht. Ihr Blick in die Zukunft: nicht optimistisch.
OT Martje Meinke, Apothekerin
1937
"Ich kann nur auf ein Wunder hoffen, dass noch eingelenkt wird. Sonst weiß ich wirklich nicht wie es weitergehen soll."
Ein großes Problem: die gestiegenen Per-sonalkosten. Durch eine Tariferhöhung muss sie ihren zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jetzt insgesamt 30.000 Eu-ro jährlich mehr an Gehältern zahlen. Zwar richtig, findet die 57-Jährige, aber für sie kaum zu stemmen. Dazu kommen höhere Kosten für Software, Miete, Energie...
OT Martje Meinke, Apothekerin
150
"Wir kriegen keinen Ausgleich dafür. Die Medikamentenpreise sind ja staatlich festgelegt, wir kön-nen die nicht erhö-hen, wie andere Be-triebe, wie in den Supermärkten, wir merken das ja alle. Das wir mehr bezah-len müssen für das Gleiche. Und wir ha-ben ja nicht die Chance, an den Prei-sen was zu drehen."
Und jetzt möchte Bundesgesundsheitmi-nister Karl Lauter-bach auch noch Hono-rar einparen, um die gesetzliche Kranken-versicherung zu si-chern.
Für jedes in der Apotheke ausgegebene Medikament werden die Apotheken vergü-tet. Bei gesetzlich Krankenversicherten müssen die Apotheken den Krankenkassen jedoch einen Rabatt, GRAFIK rein den so-genannten Apotheken-abschlag, geben. Dieser lag bislang bei 1,77 Euro pro Medikament. Laut ak-tuellem Entwurf soll dieser ab 2023 für zwei Jahre auf 2,00 Euro pro Medikament erhöht werden. Der Landesapothekerver-band wütet:
OT Hannes Max Schae-fer, Landesapothe-kerverband
3340
"Jetzt wird in die-ser Phase auch noch unser Honorar ge-kürzt. Und das kön-nen wir nicht einse-hen, weil da wird gerade im Flächen-land Schleswig-Hol-stein die qualitati-ve und flächende-ckende Versorgung vor die Hunde ge-hen."
Laut einer aktuellen Umfrage des Landes-apothekerverbands befürchtet jede vierte Apotheke in Schleswig-Holstein sogar die Schlie-ßung. Auch Gesund-heitsministerin Kerstin von der De-cken sieht die Pläne vom Bund kritisch.
OT Prof. Kerstin von der Decken, CDU, Ge-sundheitsministerin
0303
"Die Apotheken ma-chen nur 1,9 Prozent der Kosten der GKV aus. Wenn man sich das vergegenwärtig und dann die Höhe des Abschlages dann in Relation setzt, sieht man, dass das ganz unverhältnismä-ßig ist und nicht zueinander passt."
Kommenden Mittwoch soll über den Geset-zesentwurf abge-stimmt werden. Die Apotheken in Schles-wig-Holstein wollen an diesem Tag ab 12 Uhr streiken, in Hamburg machen viele Apotheken ab 13 Uhr dicht.
OT Martje Meinke, Apothekerin
00:06:45:04
"Ich will mir keine goldene Nase verdie-nen. Das brauche ich gar nicht. Ich liebe meinen Beruf trotz allem. Ich liebe meinen Beruf. Es ist total schön, für die Kunden da zu sein und das macht mir auch total Freu-de./Aber.. für mich bleibt nichts mehr übrig."
Dabei ist die Arbeit und die Nachfrage bei ihr da. Die Stammkunden kommen. Trotzdem könnte es sein, dass Apotheken wie ihre das kommen-de Jahr nicht über-leben.