Seit 40 Jahren schleppt Knut Jacob Dachpfannen, seit 25 Jahren ist er selbständiger Dachdecker. Als Handwerker ist er gefragt und kann sich eigentlich nicht beschweren. Trotzdem wünscht er sich einen Politikwechsel.
„Klipp und klar wähle ich die AfD. Schon aus dem einfachen Grund, jetzt wo wieder Plakate hängen. Jetzt wird wieder das Blaue vom Himmel runtergelogen von allen anderen. Und was ist rausgekommen bei der letzten Wahl? Keine Waffen in Kriegsgebiete?“, sagt der Dachdeckermeister. Das Geld solle lieber im Land bleiben. Damit gehört ihr zu 15 Prozent von kleinen und mittleren Unternehmen, die die AfD wählen.
„Das sind oft Betriebe, Geschäftsleitungen, Führungskräfte in Betrieben, die keine migrantischen Arbeitskräfte beschäftigen, das auch nicht wollen. Und da haben wir sozusagen so eine Vorurteilshaltung: Ich will Herr im eigenen Hause sein“, sagt Wirtschaftssoziologe Klaus Dörre von der Universität Jena.
Und das ist ganz im Sinne des AfD-Spitzenkandidaten in Thüringen, Björn Höcke, der auf dem Sommerfest in Sömmerda Unternehmen angreift, die anders denken: „Diese Kampagne ‚Made in Germany, Made by Vielfalt‘ ist pure Heuchelei und ich hoffe, dass diese Unternehmen schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen.“
Das kann er nicht ernst meinen, glaubt der Chef der Porzellanmanufaktur Kahla Thüringen. Das Traditionsunternehmen ist stolz auf die 175-jährige Firmengeschichte und hat alle Turbulenzen überstanden, zuletzt 2020. Daniel Jeschonowski setzt auf Innovation am Standort Thüringen und auf Design-prämiertes Porzellan Made in Germany. „Ich denke, dass jeder Politiker, der Verantwortung letztendlich dann auch übernimmt, feststellt, dass der Mittelstand dieses Land trägt. Insofern nehme ich das nicht komplett für bare Münze.“
Als Eigentümer engagiert sich Daniel Jeschonowski im Verband Weltoffenes Thüringen gegen einen Rechtsruck im Land. In Thüringen beschäftigen bereits deutlich über 50 Prozent der Unternehmen ausländische Arbeitskräfte. Weitere 20 Prozent wollen es tun.
„Wenn die Arbeitskräfte nicht da sind, findet das Geschäft nicht mehr statt. Höcke sagt, wir können locker auf 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung verzichten. Wenn Menschen diese Botschaft hören, die prinzipiell durchaus in Deutschland arbeiten wollen würden, dann werden sie den Teufel tun und herkommen“, sagt Klaus Dörre.
Dachdeckermeister Knut Jacob findet schon seit Jahren keine Auszubildenden mehr, wie fünf seiner Kollegen. Irgendwann ist Schluss, sagt er, dann muss er seinen Betrieb dichtmachen.