Coaching wird zum Albtraum: Jaqueline wird vier Jahre lang gestalkt – RTL konfrontiert Täter
Aus einem Coaching-Kontakt wird ein Albtraum: Michael K. stalkt Jacqueline seit Jahren. Trotz Verurteilung bleibt er auf freiem Fuß – und meldet sich immer wieder.
Berlin Tiergarten vergangene Woche. Dienstag (23. September). Unser Reporter Burkhard Kress will einen Stalker aufspüren.
Burkhard Kress: „Ich bin jetzt auf dem Weg zu dem Treffpunkt an der Hansa Bibliothek und versuche, den Mann zu treffen, der Jacqueline seit Jahren in Angst und Schrecken versetzt.“
Immer wieder hat der Mann Kontakt gesucht, war mehrfach bei seinem Opfer zu Hause.
Jaqueline Beyer auf TikTok: „Der Stalker ist wieder unten vor meiner Tür unten. Ich rufe die Polizei. Ja und sage, er ist da unten. Bitte kommen Sie so schnell wie möglich. Mein Stalker ist da unten vor meiner Haustür. Ich habe Angst. Bitte komm so schnell wie möglich. Bitte. Er muss endlich mal gefasst werden.“
Sogar nach einer Verurteilung soll er weiter den Kontakt zu Jacqueline gesucht haben.
Jaqueline Beyer auf TikTok: „Das geht auf die verfickte Substanz. So, Keiner kann irgendwas machen. Keiner. Nicht mal die Polizei kann irgendwas machen, wenn ich der sage, dass ich Hilfe brauche. Oh, ich schwöre. Was soll man denn tun? Was soll man machen?“
Wie kann es sein, dass ein Opfer sich so im Stich gelassen fühlt? Und warum ist der Stalker auf freiem Fuß, obwohl er unserer Einschätzung nach wohl ins Gefängnis müsste? Wie wird er reagieren, wenn ihm unser Reporter auf offener Straße gegenübersteht?
Burkhard Kress: „Ich möchte wirklich aus seinem Mund hören, ob er weiß, was er damit bewirkt. Denn dass die Frauen Angst vor ihm kriegen, das ist doch vollkommen klar.“
Jacqueline ist es eigentlich gewohnt, vor der Kamera zu sprechen. Doch wenn die Gedanken an ihren Stalker hochkommen, dann fallen ihr die Worte schwer.
Jaqueline Beyer: „Man funktioniert nur noch. Das ist das Wort, was ich gesucht habe. Du versuchst eigentlich eigentlich nur, alles irgendwie abzuhaken und irgendwie zu überstehen. Bis heute.“
Die 29-jährige ist eine Frau, die selbstbewusst durchs Leben geht. Vor ein paar Jahren hat sie ihren Job als OP Schwester an den Nagel gehängt, um sich eine Zukunft auf Social Media aufzubauen. Nicht ahnend, dass sie dadurch auf einen Mann treffen sollte, der sich später als Stalker entpuppt. Wir nennen ihn Michael K.
Jaqueline Beyer: „Ich habe ihn über Social Media über Instagram kennengelernt. Ich war dort in so einer CoachingBubble, wo wir uns alle gegenseitig so ein bisschen unterstützt haben. Und nachdem er mich dann gefragt hat Und wann treffen wir uns dann mal und trinken einen Kaffee? Und dann meinte ich zu ihm Ey, das war hier wirklich nur ein Coachinggespräch für mich. So nix. Also keine anderen Absichten hatte ich hier.“
Das war 2021. Zunächst akzeptierte das Michael K. Doch dann begann der Mann wieder anzurufen und auf WhatsApp zu schreiben. Erst selten, dann häufiger.
Jaqueline Beyer: „Er hat eigentlich jedes Mal immer nach einem Treffen gefragt. So richtig penetrant auch. Also auch wenn ich gesagt habe nein, so auch ich bin auch ausfälliger geworden. Auch ich wurde auch irgendwann wütend. Weil was verstehst du daran nicht? Seit zwei, drei Jahren, dass ich. Es ist ja auch abstoßen . Ich habe ihm das auch so gesagt.“
Wann wurde klar: Das ist Stalking?
Jaqueline Beyer: „Als der Tag kam, wo er halt wirklich vor meiner Haustür lag. Also ich war zu Hause und es hat dann an der Tür geklopft. Und hab die Tür aufgemacht und hab halt nur jemanden gesehen, der halt unten vor meiner Haustür lag. Also ich habe dann ganz schnell die Tür wieder zugemacht. hatte Panik, weil er auch die ganze Zeit geklingelt und geklopft hat. Ich hatte wirklich Angst, dass er irgendwie versucht oder vielleicht versuchen möchte, in die Wohnung zu kommen und hab meine Eltern angerufen und die waren zum Glück in kürzester Zeit da. Und er hat gesagt, dass wir uns kennen und dass wir auch verabredet sein“
Jacqueline wählt die 110. Doch Michael K. verschwindet noch bevor die Polizei eintrifft. Jacqueline entscheidet sich, ihre Erlebnisse auf ihren Social Media Kanälen zu teilen.
Jaqueline Beyer auf TikTok: „Ich habe einen Stalker. Er saß vor meiner Haustür. Er hat mir wochenlang mein Leben zur Hölle gemacht, sodass es mich komplett mental emotional richtig ausgeknockt hat. Ich bin ja auch in die Öffentlichkeit gegangen und habe darüber geredet, einfach weil mir das damals gut getan hat, einfach die Geschichte zu teilen. Da fühlt man sich halt nicht alleine gelassen.“
Verbunden damit ist aber auch immer die Hoffnung, dass der Stalker die Videos vielleicht sieht und seine Kontaktversuche einstellt. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Jaqueline Beyer auf TikTok: „Dann gabs hier einen Umschlag. Da haben wir eine schriftliche Anmeldung der Eheschließung. Ich muss also nur noch meine Unterschrift setzen und dann sind wir sozusagen auch verheiratet. Dann gibt es on Mass Süßigkeiten.“
Jaqueline Beyer: „Die Heiratsurkunde hat mir einfach nur widergespiegelt, dass er wirklich nicht weiss, was er da tut oder was das gerade wirklich für eine Situation ist zwischen ihm und mir.“
Es folgen weitere Briefe, doch bei Nettigkeiten und philosophischen Weisheiten bleibt es nicht. Mal ist der Inhalt anzüglich…
„Ich glaube, du gehst nicht auf mich ein, weil ich nicht auf dich eingehe. Ich glaube, du würdest auf mich eingehen, wenn ich in dich reingehe.“
Mal ist der Inhalt aggressiv.
„Verdammte Scheiße! Jetzt reiß dich endlich mal zusammen. Nimm deine Eierstöcke in die Hand und hör auf, hier den Dicken als Instamodel zu spielen. Obwohl du überhaupt kein Selbstvertrauen hast, Du verwöhntes Stück Social Media Abfall. Und trau endlich mal deinem Inneren und sag mir, dass du einfach so viel Bock auf mich hast, dass du schon beim bloßen Gedanken an mich kommst.“
Jacqueline geht zum Familiengericht und erwirkt wiederholt Kontakt und Annäherungsverbote.
Jaqueline Beyer: „Das heißt dann, dass er sich mir nicht nähern darf auf 50 Meter, dass er mich nicht kontaktieren darf, Nicht über SMS, Nachrichten, Briefe, egal was Social Media. Er hat wirklich komplettes Kontaktverbot.“
Hat er sich daran gehalten?
„Ne.“
Wer ist der Mann , der Jacqueline derart belästigt? Und steckt System dahinter? Unsere Reporterin Luisa Hoff nimmt Kontakt zu ihm auf. Auf eine ähnliche Art, wie Jacqueline es getan hat durch ein Coaching. Denn Michael K bietet im Internet psychotherapeutische Gespräche an 100 € kostet eine Erstberatung. Luisa bucht Ein Kennenlerngespräch, gibt vor nach einer Beziehungskrise Orientierung zu suchen. Als Journalistin offenbart sie sich nicht. Es entwickelt sich zunächst ein normales Kennenlernen. Doch dann kommen die ersten Bemerkungen, die etwas komisch anmuten. Der Rest des 30 minütigen Gesprächs verläuft, ohne dass Michael K in irgendeiner Art aufdringlich wird. Das ändert sich zwei Wochen später. Luisa hat sich seit dem Gespräch nicht mehr bei ihm gemeldet. Er ist es, der die ersten Nachrichten schickt. Zwei Monate später wird Michael K. dann aufdringlicher.
„Wenn du herkommst, zeig ich dir den schönsten Teil Berlins. Wann kannst du?“
„Sorry, wenn ich das so schreibe, aber wir hatten einen Kennenlerntermin zum Coaching. Ich kenne dich kaum.“
„Ja, sicher. Das Coaching wolltest du ja nicht. Also können wir uns jetzt außerhalb näherkommen.“
Wir brechen die Kommunikation ab, wollen Michael K. aber später noch persönlich zur Rede stellen. Bei Jacqueline ist es jedoch bei weitem nicht bei skurrilen Textnachrichten geblieben. Ende 2024 spitzt sich die Situation zu.
Jaqueline Beyer auf TikTok: „Ich bin am Ende. Ich weiß langsam auch nicht mehr weiter Und die Polizei ist einfach. Ja. Macht nichts. Es hört einfach nicht auf.“
Jaqueline Beyer: „Zu wissen, dass er einfach weiß, wo ich wohne, ist belastend und man fühlt sich natürlich nicht mehr zu Hause sicher, man ist bei jedem kleinsten Geräusch, was halt passiert, versetzt sich der Körper in Schockstarre, in Panik. Man kriegt eine Panikattacke, man ist einfach nur wie gelähmt.“
Sechs Wochen später klingelt es an der Tür. Jacquelines Freund ist gerade da und öffnet.
Jaqueline Beyer: „Als ich im Bad war, habe ich einfach nur gehört einfach Schreie. Also einfach nur das gerade was passiert und bin dann halt raus und hab dann gesehen, wie er und mein damaliger Freund halt in einem Gerangel waren. Ich hab halt nur diesen kurzen Ausschnitt gesehen, bin dann sofort zu meinem Telefon gerannt und hab dann halt die Polizei gerufen, weil ich mir dachte, endlich wurde ihm auf frischer Tat ertappt.“
Das ist vorerst das letzte Aufeinandertreffen, denn Jacqueline hat Anzeige erstattet und nun reichen die Beweise für einen Prozess. Stalking ist nach dem sogenannten Nachstellungsgesetz Paragraf 238 eine Straftat. Wer einer anderen Person unbefugt nachstellt, wiederholt die Person aufsucht oder mit Telekommunikationsmitteln Kontakt herzustellen versucht, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren abgeurteilt werden. Mitte Juni 2025. Heute ist der Tag, an dem Jacqueline hofft, dass ihrer Tortur endlich ein Ende gesetzt wird.
Jaqueline Beyer: „Was heute passiert, ist einfach ein wichtiges Ereignis. Heute ist die Hauptverhandlung von dieser ganzen Stalkingsache. Er hat ja immer wieder gegen dieses Annäherungsverbot verstoßen.“
Es ist ein schwieriger Gang, weiß Jacqueline doch, dass eine Begegnung mit ihrem Stalker heute unausweichlich ist.
Jaqueline Beyer: „Es ist sehr komisch, das Gefühl. Angst macht sich breit, weil mir jetzt bewusst wird, dass ich ihn jetzt gleich sehe. Und dass natürlich jedes Treffen oder jedes Mal, wenn ich ihn gesehen habe, war das mit Angst verbunden.“
Dann sitzt Michael K., der Jacqueline über vier Jahre lang immer wieder bedrängt hat, plötzlich wortlos, keine 2 Meter von ihr entfernt. Jacqueline versucht, jeden Blickkontakt zu vermeiden. In der Verhandlung kommt heraus, dass er einer Exfreundin gegenüber schon einmal gewalttätig geworden und vorbestraft ist. Der Richter sieht auch heute seine Schuld als bewiesen an. Wir versuchen ihn direkt nach der Verhandlung ein erstes Mal zu einem Interview zu bewegen, doch er reagiert nicht. Sein Urteil acht Monate Freiheitsstrafe, die aber zur Bewährung ausgesetzt werden. Das heißt, Michael K bleibt ein freier Mann, darf sich aber in den nächsten drei Jahren nicht die geringste Annäherung leisten.
Jaqueline Beyer: „Ich bin erleichtert über das Urteil. Ich hätte nicht gedacht, dass es doch so gut ausfällt. Das war jetzt Freiheitsstrafe mit Bewährung. Drei Jahre. Wenn ich es richtig verstanden habe. Ich weiß auf jeden Fall, dass ich jetzt drei Jahre Ruhe habe. Und ja, mir fällt ein Stein vom Herzen, dass das erst mal abgeschlossen ist.“
Jacquelines Mutter und ihr Stiefvater waren auch als Zeugen geladen. Sie nehmen das Urteil ganz anders auf.
Stiefvater: „Das berührt natürlich sehr, wenn man so was miterlebt. Das macht viel kaputt, auch in der Familie. Macht viel kaputt.“
Mutter: „Vor allem, wenn man miterlebt, dass die Tochter nicht leben möchte, wenn sie Angst hat, Panikattacken, Wenn sie anruft und sagt Ich wollte gerade irgendwo hin. Und dann hat sie angerufen und hat gesagt Ja, ich bin wieder nach Hause. Ich hatte Angst, Panikattacken mit der Bahn zu fahren, hat viele Sachen, wo sie Termine gemacht hat, dann nicht wahrgenommen, weil sie eben diese Panikattacken hatte oder gemerkt hat, dass sie die hatten.“
Glauben Sie, dass er sich jetzt an die Bewährungsauflagen hält? „Nein.“
Die Mutter soll wohl Recht behalten.
Jaqueline Beyer: „Es hat nicht mal 24 Stunden gedauert, da hat er erneut Kontakt aufgenommen.“
Dieses Mal per Nachricht von einem neu angelegten Fakeaccount, von dem Jacqueline glaubt, dass es Michael K ist.
Jaqueline Beyer: „Die Angst ist gleich geblieben. Und natürlich der Gedanke kommt jetzt noch viel öfters, dass er nicht weiß, dass er schon wütend ist, Hat man natürlich genauso viel Angst, wenn nicht sogar ein bisschen mehr Angst um sein Leben.“
Jacqueline hat die neuerliche Kontaktaufnahme sofort zur Anzeige gebracht. Doch Konsequenzen hat es noch nicht gegeben. Warum nicht? Das will unser Reporter am vergangenen Dienstag von der Staatsanwaltschaft wissen.
Staatsanwalt: „Bei uns ist es so, dass wir, auch wenn ein Bewährungsverstoß vorliegen sollte und der auch innerhalb von 24 Stunden begangen worden ist, der eben erst mal festgestellt werden muss. Dafür gibt es ein Verfahren mit Anhörungen. Bestenfalls. Wenn es sich sozusagen um neue Straftaten handelt, muss erst mal die neue Straftat aufgeklärt und rechtskräftig verurteilt werden. Und erst dann, und das kann Monate später sein, Wird dann die Entscheidung getroffen, wird die Bewährung in dem anderen Verfahren widerrufen.“
Auch ist noch lange nicht gesagt, ob die Nachrichten von Michael K alleine ausreichen, um ihn wirklich ins Gefängnis zu bringen. Was aber sagt der Beschuldigte zu der ganzen Sache? Unsere Redaktion hat noch mal ein Kennenlerngespräch gebucht, dieses Mal persönlich am Tiergarten in Berlin.
Burkhard Kress: „Wenn ich mich da zu erkennen gebe, dann bin ich mal gespannt, ob der abhaut oder aber sich auf ein Gespräch einlässt.“
Michael K. ist etwas verwirrt, dass keine Patientin, sondern unser Reporter vor ihm steht. Er stimmt aber dennoch einem Interview zu. Voraussetzung ist, dass wir ihn von hinten filmen und seine Stimme nicht erkannt wird. Wir kommen direkt zur Sache.
Burkhard Kress: „Das ist reines Stalking, was Sie da machen.“
Michael K.: „Dem stimme ich zu. Ich bin aber kein einziges Mal gewalttätig geworden. Ich habe Ihnen nicht gedroht. Ich habe überhaupt gar nichts dahingehend in irgendeiner Art und Weise gemacht, außer dass ich Geschenke gemacht habe und zwei Briefe, die ich ein bisschen… Oh fuck, ja das war wirklich penetrant. Ja, das stimmt.“
Burkhard Kress: „Das war nicht penetrant, das ist beängstigend.“
Doch warum hat Michael K. immer weitergemacht?
Michael K.: „Das war letzten Endes so eine Art nicht aufhören können, weil ich einfach eine Stellungnahme von ihr wollte. Sie hat mich blockiert.“
Burkhard Kress: „Also sie ist schuld, weil sie nicht gesagt hat Jetzt hau ab?“
Michael K.: „Das will ich nicht sagen, Aber danach hat meine Seele, mein Geist, mein Herz, was auch immer getrachtet, dass ich einmal so eine Rechtfertigung, einmal eine Grenze bekomme, die nicht auf pure Abweisung basiert.“
Dabei hatte Jacqueline schon nach dem ersten Coaching deutlich gemacht, dass sie keinen weiteren Kontakt wünscht. Michael K. sagt, dass er keinen weiteren Frauen nachstellt und versichert, dass er sich jetzt bessern will. Zu dem Vorwurf, er habe sich nur 24 Stunden nach dem Prozess schon wieder bei Jacqueline gemeldet und damit gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen, will er sich bei seiner nächsten richterlichen Anhörung äußern. Der Fall von Jacqueline zeigt, wie schwer es für Opfer ist, sich gegen einen Stalker zur Wehr zu setzen. Wie es mit Jacqueline Stalker weitergeht , werden die Richter entscheiden . Wir werden die junge Frau weiter begleiten und überprüfen , ob Martin K . Wort hält . Nämlich sich nie mehr bei ihr zu melden