Verdreckte Geräte, abmontierte Schutzvorrichtungen, illegale Beschäftigungsverhältnisse – bei Durchsuchungen von Produktionsräumen in Mailand und Umgebung findet die Polizei unsägliche Bedingungen vor. "Die Carabinieri stellten fest, dass dies sogenannte Geschäftsräume waren, wo Chinesen und Pakistaner leben mussten und für armselige Gehälter arbeiteten", sagt unser Reporter Udo Gümpel.
Luxus-Handtaschen, die zu teils unmenschlichen Bedingungen hergestellt werden. Und das mitten in Europa. Die italienische Wettbewerbsbehörde ermittelt nun gegen Ableger der Luxus-Marken Armani und Dior. Bei ihren Werkstätten soll es sich um von Chinesen gegründete Mini-Unternehmen handeln, berichtet uns Shi Liu. Sie hat dort undercover recherchiert. "Wer in diesen Fabriken arbeitet, der muss dort leben, schlafen, alles mit Vielen zusammen. Ruhetage gibt es in der Woche höchstens einen, oder einen halben", erzählt sie.
So kann der Konzern Handtaschen zu Minimal-Preisen herstellen lassen. Armani zahlt für die Produktion nur 92 Euro, die Tasche kostet im Verkauf aber 1.765 Euro. Bei Dior ist der Unterschied noch größer: Der Fabrik zahlt das Unternehmen 53 Euro pro Tasche, verkauft werden sie für 2.600. Also für das 50-fache.
"Dior war Gott sei Dank noch nie so meins. Aber jetzt erst recht nicht!", sagt ein Mann in der Fußgängerzone. "Das ist 'ne gute Gewinnmarge. Das ist ordentlicher Reibach", ein anderer. Zwei Frauen finden das: "Traurig, einfach nur traurig."
Ein Mailänder Gericht hat die beiden Mode-Unternehmen nun für ein Jahr unter juristische Zwangsverwaltung gestellt - eine Maßnahme, die sonst genutzt wird, um von der Mafia kontrollierte Firmen wieder in legales Fahrwasser zu bringen.
Dior selbst äußert sich zu den Vorwürfen nicht. Armani kündigt Mitarbeit seines Sub-Unternehmens GA Operations bei der Aufklärung an: "Das Unternehmen hat stets Kontroll- und Präventionsmaßnahmen ergriffen, um Missbräuche in der Lieferkette zu minimieren. GA Operations wird mit größtmöglicher Transparenz mit den zuständigen Stellen zusammenarbeiten, um seine Position in dieser Angelegenheit zu klären."
Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass nun auch andere Unternehmen überprüft werden. Mehr Schein als Sein in der italienischen Modewelt.