Fieser Job-Betrug: RTL auf Verfolgungsjagd! Betrüger zockt alleinerziehende Mutter ab
Sie wollte ihrem Sohn bloß ein besseres Leben ermöglichen, doch dann steht Michelle Wille mit einem Mal komplett ohne Einkommen da. Die alleinerziehende Mutter bewirbt sich für einen neuen Job, alles wirkt seriös - doch plötzlich ist weder ihr Ansprechpartner noch die Firmen-Webseite mehr erreichbar. Wer hat die junge Frau abgezockt? RTL nimmt die Verfolgung der Job-Betrüger auf.
Der Hilferuf der alleinerziehenden Mutter erreicht mich über die RTL-Zuschauerpost. Auf fünf Seiten beschreibt sie detailliert, wie die Betrüger vorgegangen sind. Aber was steckt dahinter? Ich will helfen und besuche Michelle Wille und ihren Sohn Ben in Pulheim bei Köln. Die 31-Jährige hatte sich durch einen Arbeitsplatzwechsel etwas mehr Geld erhofft. Doch jetzt steht sie ohne Job da und bekommt noch nicht mal Arbeitslosengeld.
Michelle Wille: „Ich habe mich im Dezember getrennt, und habe vorher im Homeoffice gearbeitet. Allerdings als Call-Center Agentin für Mindestlohn. Da habe ich gedacht - alleinerziehend - guck mal nach irgendwas, was mehr abwirft."
Dann - Mitte Mai - entdeckt sie eine Stellenanzeige bei einer bekannten Jobbörse im Internet. Ein reiner Home Office Job in Festanstellung mit rund 1.300 Euro Gehalt. Für die alleinerziehende Mutter scheint alles perfekt.
Michelle Wille: „Ich habe den Lebenslauf hinterlegt und die Schnellbewerbung abgeschickt. Dann dauerte das zwei Tage, und dann wurde ich angerufen."
Allerdings nicht von dem Unternehmen, bei der sich Michelle vermeintlich als Sekretärin beworben hatte, sondern von einer sogenannten Onboardingfirma, die angeblich das Bewerbungsverfahren abwickelt. Das sei heutzutage durchaus üblich, versichert man ihr.
Thorsten Sleegers: „Das heißt, Sie hatten zu dem Zeitpunkt keinen Kontakt zu der wirklichen Firma, sondern nur zu der Onboarding-Agentur. Was wurde mit denen vereinbart?"
Michelle Wille: „Die hatten gesagt, dass sie mit dem Geschäftsführer von dieser Beratungsfirma sprechen und sich dann bei mir melden, ob ich den Job habe oder nicht."
Nur zwei Tage später die Zusage. Um ihren Arbeitsvertrag zu erhalten, müsse sie lediglich noch ihre persönlichen Daten übermitteln. Das heißt, den Personalausweis scannen und Bankverbindung sowie Informationen zur Krankenkasse mitteilen.
Nach Erhalt des Arbeitsvertrages kündigt Michelle ihren alten Job. Für die neue Stelle im Homeoffice soll sie Laptop, Handy und Drucker bekommen. Doch nichts von all dem kommt an.
Als Michelle erneut bei der Onboarding-Agentur nachhakt, bekommt sie eine Bestätigung, dass ihr erstes Gehalt von rund 1.300 Euro überwiesen wird. Eine Fälschung, wie sich herausstellen wird. Wegen des Jobwechsels soll sie auch eine angebliche Identitätsprüfung ihrer Krankenkasse ausfüllen – auch das ein Fake. Dann folgt plötzlich - die fristlose Kündigung, bevor sie überhaupt angefangen hat zu arbeiten. Aus wirtschaftlichen Gründen, heißt es. Ärgerlich, aber Michelle steht plötzlich noch vor einem weiteren großen Problem.
Michelle Wille: „Ich bin dann zum Arbeitsamt, aber die brauchen ja die Bescheinigung des letzten Arbeitgebers. Die kommt natürlich nicht, also bekomme ich auch kein Arbeitslosengeld und muss weiter suchen."
Eine erschreckende Geschichte. Ich frage mich: wer treibt einen solchen Aufwand – und was ist das eigentliche Ziel dahinter? Bei der Onboarding-Firma ist ihr Ansprechpartner inzwischen nicht mehr erreichbar.
Ich bitte um einen Rückruf, um über den Bewerbungsprozess von Michelle Wille zu sprechen. Doch wie erwartet, meldet sich niemand zurück. Und auch die Website der angeblichen Onboarding-Firma ist nicht mehr erreichbar.
Ich will keine noch so geringe Möglichkeit auslassen – und fahre zu der Adresse in Köln, die in den E-Mails und auf der vermeintlichen Website der FS-Beratungs GmbH angegeben ist. Womit ich überhaupt nicht gerechnet habe: Tatsächlich sitzt hier die Firma hier. Ich werde hineingelassen, und erfahre Erstaunliches.
Thorsten Sleegers: „Die waren jetzt wenig überrascht, weil sie bereits sieben Mal Opfer ähnlicher Maschen geworden sind. Also gibt sich offensichtlich eine Schwindlerfirma als diese Firma aus, und wir wollen wissen: Wer steckt dahinter?"
Das ist auch im Interesse der FS Beratungs GmbH, deren Namen wir öffentlich nennen dürfen. Denn auch der Geschäftsführer möchte Klarheit. Ein paar Tage später treffe ich mich mit seinem Anwalt. Und da stapeln sich bereits die Schreiben von jungen Frauen, denen es ähnlich ergangen ist, wie unserer Zuschauerin Michelle Wille.
Klaus Weber, Rechtsanwalt: „Letztlich meldeten sich die Damen damit, dass sie eine Stelle angetreten haben aber dann keinerlei Rückmeldung mehr bekommen haben und schließlich angeblich die Kündigung bekommen haben. Herr Scheuermann hat aber weder eine Stellenausschreibung gemacht noch eine Kündigung ausgesprochen."
Zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten gibt es bereits rund zwanzig solcher Vorfälle. Darunter auch einige arbeitsgerichtliche Verfahren – von verärgerten Frauen, die ihre vermeintliche Kündigung nicht akzeptieren wollen. Damit kommen auch auf die Firma hohe Kosten zu, obwohl sie selbst für den Betrug nichts kann.
Klaus Weber, Rechtsanwalt: „Beim Arbeitsgericht ist die Besonderheit, dass jede Partei ihre Kosten selbst trägt. Egal, ob man gewinnt oder verliert. So entstehen Kosten, auch wenn die Klagen unberechtigt sind, weil Herr Scheuermann nie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat."
Die gefakte Website ist inzwischen offline. Die IP-Adresse führt nach Ohio in den USA. Das konnte unser RTL-Verifizierungsteam herausfinden. Diese Adresse wurde auch genutzt, um weitere Webseiten zu erstellen. Registriert über einen neutralen Dienstleister, der Auftraggeber leider unbekannt – diese Spur führt erst einmal ins Leere.
Bei meinen Recherchen bin ich mit verschiedenen Polizeidienststellen in Kontakt, bei denen sich in Zusammenhang mit der FS Beratung GmbH Betrugsopfer gemeldet hatten. Die Polizei Delmenhorst bestätigt:
Offensichtlich geht es um das sogenannte Job-Scamming. Dabei nutzen Betrüger falsche Stellenangebote, um an möglichst viele und sensible persönliche Daten zu kommen. Wie bei Michelle Wille. Was damit passiert, erklärt uns die Staatsanwaltschaft Köln in einer Stellungnahme:
Stellungnahme: „Hier ist bekannt, nasses sich bei Job Scamming um eine hinlänglich bekannte Masche zum Anwerben von Finanzagenten handelt, sodass das Phänomen in vielen Geldwäscheverfahren anzutreffen ist."
Die sogenannten Finanzagenten sind dabei nichts ahnende Betrugsopfer wie Michelle. Sie sollen auch dazu gebracht werden, für den vermeintlich neuen Job Kreditkarten zu bestellen oder neue Konten zu eröffnen, die die Betrüger dann nutzen. Zum Glück hat Michelle Wille diese Anträge nicht unterschrieben.
Aber 31-Jährige hat ja noch ein Problem, um das ich mich jetzt kümmern will. Zur Erinnerung: sie soll nur dann Arbeitslosengeld bekommen, wenn sie eine ordentliche Kündigung ihres letzten Arbeitgebers vorlegen kann. Die Agentur für Arbeit hatte ich bereits informiert, dass die alleinerziehende Mutter Betrügern auf den Leim gegangen ist.
Michelle Wille ist mit einem blauen Auge davongekommen. Experten raten dazu, vor einem Job-Beginn niemals Geld zu zahlen oder irgendwelche Kreditkarten-Verträge abzuschließen. Bevor man sensible Daten übermittelt, sollte man sich genau über den künftigen Arbeitgeber informieren. Generell sollte man misstrauisch werden, wenn das Jobangebot zu gut klingt, um wahr zu sein. Meine Rechercheergebnisse habe ich an die Polizei und die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche