Mann stirbt nach Kuh-Attacke: Kuh-Angriffe häufen sich: Was ihr im Ernstfall tun solltet
Es war wirklich schlimm, wie Petra nach dem Wandern in den österreichischen Bergen ausgesehen hat. Nicht weil sie gestürzt ist, sondern weil KÜHE sie angegriffen haben! Erst vor wenigen Tagen ist ein Mann nach so einer Kuh-Attacke sogar gestorben. Das ist eine Gefahr, die oft unterschätzt wird, denn eigentlich sind Kühe ja friedliche Tiere. Trotzdem flippen sie manchmal auch aus. Wir verraten, wie man sich im Ernstfall verhalten sollte.
Kühe, grasend auf der Weide – für viele die perfekte Urlaubskulisse. Nicht für Petra.
2022 zieht es sie und ihren Mann nach Österreich in die Bergen. An ihrem Hochzeitstag wandern sie in Mieders. Dann passiert es.
"Wir sind zu dieser ersten Abbiege gegangen, das ist nicht weit vom Kloster, und da haben wir Kühe gesehen. Und zwar ungefähr drei bis vier ausgewachsene Kühe und ungefähr drei, vier bis fünf Junge."
Erst scheinen die Kühe das Ehepaar nicht zu beachten. Sie verschwinden in den Wald neben dem Wanderweg. Vorsichtig, mit genug Abstand zur Waldkante, gehen Petra und ihr Mann weiter.
"Als ich schon weit von den Tieren weg bin, höre ich direkt hinter mir einen Schnaufen. Wie von einem Stier. Ich drehe mich um und da steht da die Kuh. Rast auf mich zu mit Schaum vorm Mund und ich denke nur noch, ich muss weg, ich muss weg."
Die Kuh wirft Petra zu Boden, trampelt auf sie ein. Mit voller Wucht. Immer wieder.
"Ich habe gedacht, das war es, jetzt bist du tot."
Mit einem Stock schafft ihr Mann es, das Tier zu vertreiben. Petra ist schwer verletzt. Mit dem Rettungshubschrauber wird sie nach Innsbruck geflogen. Die Spuren des Angriffs sind deutlich sichtbar.
Und was der 66-Jährigen passiert ist, ist kein Einzelfall. Ob in Deutschland, Italien oder in Österreich: Immer wieder kommt es zu gefährlichen Begegnungen mit Kühen. Oft handelt es sich um sogenannte Charolais-Mutter-Kühe.
Kay Heidorn ist Bauer in Hamburg. Auf seinem Hof leben 70 dieser Tiere. Er kennt das Problem.
"Weil das eine sehr alte Rasse ist, haben sie diesen Mutterinstinkt schon sehr stark ausgeprägt. Das ist aber ein völlig natürlicher Instinkt. Der war früher zum Überleben der Art einfach notwendig in der Wildnis."
Wie man reagieren sollte, wenn man Kühe auf einer Alm begegnet, das verrät Kai Heydorn gleich.
Vorher nach Österreich. In Mieders trifft unser Reporter Ramona Eller und ihren Sohn. Die 39-Jährige ist hier aufgewachsen. Sie kennt das Problem mit den Kühen.
"Aber es ist ja auch eigentlich normal, dass auf einer Alm Kühe frei rumlaufen, oder?"
"Natürlich, sicher, das gehört ja auch so, das wollen wir auch nicht missen. Das hat es früher gegeben, wird es jetzt noch geben, allerdings ist es halt schon zu hinterfragen, ob es machbar ist, bei einem Massentourismus, wie wir hier oben das haben, eine Mutterkuhhaltung zu betreiben."
Ramona führt einen Gasthof und hat täglich mit Wanderern zu tun. Auch von dem Vorfall mit Petra hört sie – nicht ahnend, dass ein Angriff auch ihre eigene Familie trifft.
Unserem Reporter zeigt sie den Ort, an dem ihre Tochter Leana von einer Mutterkuh attackiert wurde. Die damals 5-Jährige ist mit einem Freund der Familie auf dem Wanderweg unterwegs, als die Kuh angreift. Beide werden schwer verletzt – und schleppen sich zurück zur Alm.
"War im ersten Moment ein riesengroßer Schock. Ich wollte sie eigentlich auch sofort in den Arm nehmen, aber eben die hat immer gesagt, bitte nicht anfassen, es tut so weh, es tue so weh. Und man wusste ja auch nicht, hat sie innerliche Verletzungen und wie stark sind die Verletzung wirklich. Was dann wirklich passiert, wenn so eine 600-Kilo-Kuh auf so ein kleines Kind drauf tritt, möchte man ja eigentlich nicht wirklich selbst miterleben auch."
Ihre Tochter so zu sehen, hat Ramonas Leben verändert. "Und wenn ich halt hier stehe, da kommt das halt alles wieder."
Viele Wanderer unterschätzen die Gefahr, die von Kühen ausgeht. Denn gewarnt wird kaum – und wenn, dann nicht deutlich genug.
"Ja, hier haben wir dann schon ein Schild, also sobald wir diesen Zaun durchqueren, wandern wir ja wieder auf den Wegen, wo die Kühe sich frei bewegen. Eigentlich sollte da schon ein bisschen mehr draufstehen, da sollte es vielleicht auch draufstehen, betreten auf eigene Gefahr, Lebensgefahr."
Ramonas Tochter Leana hat den Angriff überlebt, aber ist schwer traumatisiert.
"Und wie ist das heute? Hast du Angst vor Kühlen?" - "Ja., ich will lieber drinnen als wie außen spielen."
Für Mutter Ramona ist das kaum auszuhalten. Zu sehen, wie ihr eigenes Kind nicht mehr unbeschwert draußen spielen will.
Deshalb fordert sie: Mutterkühe haben in einem touristischen Wandergebiet nichts verloren.
"Das ist für meines Erachtens unverantwortlich, so was."
Doch wer trägt die Verantwortung? Die Kühe gehören den Bauern – aber es sind die Agrargemeinschaften, die die Weideflächen verpachten und die Tiere im Sommer auf die Alm bringen. Dort oben sollen Hirten täglich nach dem Rechten sehen – kranke oder aggressive Tiere melden, den Überblick behalten. Doch bei Herden von bis zu 180 Tieren – wie es sie auch in Mieders gibt – scheint das kaum möglich.
Petra hat Klage auf Schadensersatz gegen die Agrargemeinschaft Mieders eingereicht. Die wiederum wirft Petra Fehlverhalten vor. Das Gericht entscheidet am Ende für die Agrargemeinschaft. Mit uns wollte keiner der Gegenseite sprechen.
Die eine Lösung gegen solche Angriffe gibt es nicht, meint Landwirt Kay Heidorn. Aber: Wanderer müssten besser wissen, wie sie sich den Tieren gegenüber verhalten.
Doch gespitzte Ohren, ein starrer Blick und Scharren mit den Hufen sind klare Warnsignale.
Außerdem rät er, nicht durch eine liegende Herde zu gehen und Hunde nicht zu nah an die Tiere zu lassen. Im Zweifelsfall sollte man lieber umkehren.
Aber der Landwirt sieht nicht nur die Wanderer in der Verantwortung, sondern auch die Agrargemeinschaften.
Auch Petra traut sich heute nur noch an Kühe heran, wenn ein Zaun sie schützt. Ihr Wunsch:
"Ich finde es ganz wichtig, dass das, was mir passiert ist, keinem anderen Menschen passiert und dass endlich die Verantwortlichen etwas unternehmen, um Menschen zu schützen. Kühe haben auch ihren Lebensbereich und es muss was getan werden. Die müssen nicht weggesperrt werden. Aber es muss ein Weidemanagement endlich erarbeitet werden, dass Menschen, auch Kinder geschützt werden."
Für Petra steht fest: Wanderer, Bauern und Agrargemeinschaften müssen zusammenarbeiten für ein friedliches Miteinander von Mensch und Kuh. Damit das was ihr und Leana passiert ist, nie wieder geschieht.