Team Wallraff: Als Geldbote in Berlin - lebensgefährlicher Job mit Mini-Verdienst
Viel Geld im Gepäck, aber kaum Geld in der eigenen Tasche: Geldboten verdienen nicht nur ausgesprochen wenig, sie haben auch einen gefährlichen Job. "Team Wallraff"-Mitglied Daniel Hartwig hat sich deshalb bei einer Geld- und Werttransportfirma beworben und einen Job bekommen. Als Geldtransport-Fahrer erhält Daniel den niedrigsten Lohn aller Undercover-Jobs in der Sicherheitsbranche. 7,25 Euro Grundlohn gibt es pro Stunde, dazu eine Prämie von 80 Cent - die zahlt der Arbeitgeber allerdings freiwillig.
Weil er schnell mit seiner Tour beginnen soll, bleibt für eine gründliche Einweisung keine Zeit. Auch an ein Fahrtraining ist nicht zu denken. Ein Mitarbeiter der Firma erklärt kurz den Geldtransporter - und schon ist Daniel unterwegs auf den Straßen Berlins. Er muss ein tonnenschweres gepanzertes Fahrzeug steuern. Dass Mitarbeiter ahnungslos in den Dienst geschickt werden, hat der Kollege schon oft erlebt. Und nicht nur das: Eine schusssichere Weste gibt es nicht und auch kein Training für das Verhalten bei Ernstfällen. Dabei wird statistisch jeden dritten Tag irgendwo in Deutschland ein Geldbote überfallen. Den letzten Geldtransporter-Raub in der Hauptstadt gab es nur wenige Wochen vor dem Undercover-Einsatz: Die Täter entkamen mit der Beute unerkannt.
Firmen sparen auf Kosten der Mitarbeiter
Der Job ist nicht nur gefährlich, sondern auch körperlich anstrengend. Vor der Tour muss das Münzgeld für die Kunden sortiert werden. Bis zu 40 Kilo schwer sind die Geldboxen, die erst ins Auto und später zu den Kunden geschleppt werden müssen. Gerade den älteren Angestellten fällt das schwer. Und auch der Frust der Kollegen ist allgegenwärtig: Vor allem, weil die Firma offenbar an allen Ecken und Enden auf Kosten der Mitarbeiter sparen will. Vor allem die Fahrzeuge seien in keinem guten Zustand, beklagen sich die Geldboten.
Dass die Fahrzeuge alt, wenig gepflegt und teilweise auch unsicher sind, wird schnell klar. Ein Transporter hat bereits mehr als 400.000 Kilometer auf dem Tacho, die Hupe funktioniert nicht und im Display leuchtet das Symbol für abgefahrene Bremsbeläge auf. Das alles ist beunruhigend, auch weil der Transporter wegen der schweren Panzerung ohnehin einen längeren Bremsweg hat. Da wirkt es fast wie eine Kleinigkeit, dass auch die Heizung nicht richtig funktioniert.
Am nächsten Arbeitstag wird Daniel sogar mit einem der ältesten Transporter der Firma auf die Straße geschickt. Mehr als 500.000 Kilometer hat das Fahrzeug offenbar auf dem Buckel. In Wahrheit sind es, so sagt zumindest der Kollege, noch viel mehr: „Der hat schon einmal die Millionen weg. Der ist schon einmal rum.“ Der Innenraum des Wagens ist einfach nur ekelhaft – die Verkleidungen braun gefärbt vom Nikotin, zerschlissene Sitze, Flecken, Rost und sogar demolierte Teile. Die Seitenscheibe ist nach all den Jahren so blind, dass Daniel an manchen Stellen kaum noch nach draußen schauen kann. Auch das ist ein Sicherheitsrisiko.
Das Geldtransport-Unternehmen wird um eine Stellungnahme gebeten. Auf die detailliert aufgeführten Kritikpunkte geht die Firma nicht ein, sie lässt durch eine Anwältin mitteilen: „Die gesetzlichen wie versicherungsrechtlichen Vorgaben für tätige Personen und Technik sind stets eingehalten.“