Hat er alle getäuscht. Der Kinderpsychiater Michael Winterhoff wirkt selbstbewusst, als er heute ins Landgericht Bonn kommt. Er fühlt sich missverstanden, wie einer seiner Anwälte erzählt.
Er hatte da verschiedene Ansätze. Er hatte Bestseller. Er war, wie gesagt, in mehreren Talkshows bei Markus Lanz, und das Ganze fand medial Anklang und viele haben sich davon abgeholt gefühlt.
Doch die Vorwürfe gegen ihn haben es in sich. Gefährliche Körperverletzung in 36 Fällen durch Beibringung von Gift. Damit ist gemeint Der Kinderpsychiater soll seinen Patienten Medikamente verschrieben haben, die ihn geschadet haben sollen. Darunter auch Evelyn G. Ihre Mutter Tanja erzählt uns Also beim ersten Mal habe ich gemeint, ich hätte Gott vor mir. Aber irgendwie habe ich ihm vertraut. Weil sie alle gesagt haben Oh, der ist berühmt. Als Kind ist Evelyn verhaltensauffällig, lebt schließlich in einer psychiatrischen Einrichtung. Ihr Kinderpsychiater Dr. Winterhoff stellt dann sofort die Diagnose frühkindlicher Narzissmus. Der Psychiater verschreibt ihr dann offenbar ein Medikament namens Pipamperon. Und sie ist nicht die einzige.
Er soll 36 seiner Patientinnen und Patienten ohne Abklärung der eigentlichen Grunderkrankung mit der pauschalen Diagnose frühkindlicher Narzissmus ein Neuroleptikum verschrieben haben, das für diesen Gebrauch nicht zugelassen war.
Und das hat seinen Grund.
Bei Kindern ist das besonders problematisch, wenn Patienten besonders aggressiv sind. Natürlich haben sie auch alle kräftige Nebenwirkungen.
Wie zum Beispiel Depressionen oder extreme Müdigkeit. Das trifft offenbar auch bei Evelyn ein. Sie ist extrem müde, schläft immer wieder ein, sogar beim Essen. Nach vier Jahren holt Tanja ihre Tochter Evelyn wieder nach Hause. Heute ist sie 20 Jahre alt, hat sich ihren Hauptschulabschluss hart erkämpft. Doch noch immer leidet sie unter den Folgen, wie sie uns erzählt.
Wenn ich irgendwas erzähle oder mir jemand was erzählt, ein paar Stunden später habe ich es vergessen. Meine Aussprache ist auch nicht sehr gut und bin auch auf dem Stand 16…
Doch Michael Winterhoff bestreitet die Vorwürfe.
Eine neutrale und ausgewogene Ermittlung hätte ergeben, dass tatsächlich keiner der Patienten einen Gesundheitsschaden durch dieses Medikament davongetragen hat. Und sie hätte auch offenbart, dass Herr Dr. Winterhoff keineswegs standardmäßig Pipamperon verordnet hat, sondern immer nur individuell für jeden Patienten. Nicht ohne Grund ist Pipamperon eines der am häufigsten verordneten Antipsychotika in der Kinder und Jugendpsychiatrie.
Das muss jetzt das Gericht entscheiden. Sollte der Psychiater schuldig gesprochen werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Das Urteil soll Ende Juli fallen.