"Juden haben hier Hausverbot"
So steht es auf dem Plakat in einem Geschäft in der Duburger Straße in Flensburg. Es sei nichts persönliches, kein Antisemitismus.
((13:49))
"Sagt man bloß ein falsches Wort hier in Deutschland. Ruckzuck ist man Nazi oder Antisemitist"
Und doch ist es womöglich eine Straftat die Flensburgs Oberbürgermeister fassungslos macht.
((OT Fabian Geyer, Oberbürgermeister, 01:50))
"Also erstmal ist es blankes Entsetzen , das mich ganz persönlich betroffen gemacht hat , als ich das heute Morgen mitbekommen habe . Und es ist ja auch eine Wortwahl , die wir aus den finstersten Stunden Deutschlands nur kennen . Also ein Hausverbot tatsächlich auszusprechen für Juden ist so undenkbar . Da frag ich mich , was steckt dahinter ?"
Diese Frage stellt nicht nur er sich. Das Schild sorgt in der Nachbarschaft für Empörung, Anwohner und lokale Politiker und auch Ex- Ministerpräsident Peter Harry Carstensen wollen die Aktion nicht tolerieren und wenden sich an die Behörden.
((OT Philipp Renoncourt, Polizei Flensburg 00:57))
"Nach aktuellem Sachstand sind sechs Anzeigen parallel zu der Anzeige , die die Polizei gefertigt hat , eingegangen . Inhalt der Strafanzeigen kann ich natürlich nicht sagen . Hat aber natürlich mit der mit dem Plakat Zusammenhang."
Das Plakat hat er von der Scheibe abgenommen - um es drinnen wieder aufzuhängen. Ladenbesitzer Hans Velten Reisch will damit den Angriff Israels auf Gaza verurteilen. Seiner Meinung nach leben in Israel schließlich hauptsächlich Juden. Diese würden den Nahost-Krieg gutheißen. Seine ausgrenzende Ansicht vertritt er weiterhin, auch im Gespräch mit uns vor laufender Kamera. Einsicht oder eine Entschuldigung? Fehlanzeige.
((OT, Hans-Velten Reisch,16:11)) "Wofür soll ich mich entschuldigen?"
((OT, Hans-Velten Reisch, Ladenbesitzer, TC: 5:10))
"Die die sich distanzieren, können ruhig vorbeikommen. Die können auch ein Käffchen. Denen wollte ich nicht auf die Füße treten. Die sind auch nicht damit gemeint. Nur die, wo sich ohne mit dem Krieg einverstanden sind."
Reisch will bestimmen, wer in seinen Laden darf und wer nicht. Doch wer Menschen- oder Völkergruppen pauschal ausschließt kann wegen Diskriminierung oder Volksverhetzung angezeigt werden.
588 Fälle von Antisemitismus wurden im vergangen Jahr in Schleswig-Holstein angezeigt. So viele wie nie zuvor. Plakate wie DAS gehen an den Juden in Flensburg nicht spurlos vorbei.
((OT Gershom Jessen, Jüdische Gemeinde Flensburg e.V., 13:16))
"Es geht um die Stimmung in der Gesellschaft ganz allgemein , die ja uns gegenüber außerordentlich kritisch geworden ist . Und da , wie gesagt , da gehört nicht mehr viel dazu . Man ist auf einem sehr hohen Stresslevel innerhalb der jüdischen Welt , und man hat eigentlich im Grunde genommen Angst , schlicht und einfach."
Ob Straftat oder freie Meinungsäußerung, die Ermittlungen dauern an. So oder so sorgt der kleine Zettel im Flensburger Fenster für großes Entsetzen.