Experte klärt auf Woher kommt die Wahlmüdigkeit?
Mehr als 6 Millionen Menschen dürfen in Niedersachsen am 09.Oktober den nächsten Landtag wählen. Aber wollen die das überhaupt?
Der Gang an die Wahlurne - oder in vielen Fällen eher Wahltonne: Es ist ein Recht, dass viele Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen nicht immer wahrnehmen - besonders in den letzten Jahren.
Ein Blick auf die niedersächsische Landtagswahl 2017 zeigt:
Von den insgesamt mehr als 6 Millionen Wahlberechtigten, gaben gut 3,8 Millionen Menschen ihre Stimme ab. Die Zahl der Nichtwähler belief sich somit auf über 2,2 Millionen. Prozentual gesehen hätte eine fiktive Partei der Nichtwähler insgesamt 36,9% der Stimmen eingenommen, und damit genauso viele wie die SPD, die damals stärkste Partei wurde.
Mehr als ein Drittel entscheidet sich 2017 also gegen sein demokratisches Grundrecht - doch warum eigentlich?
"Weil die Politiker nur an sich denken. An uns kleine Menschen wird nicht gedacht."
"Ich weiß nicht, was es bringt, ja!"
"Ich glaub nicht mal mir selber. Dann glaube ich erst recht nicht an die Politik."
"Man weiß jetzt gar nicht mehr, wem man überhaupt noch vertrauen kann - Sie sagen also, lieber niemanden wählen, als das kleineste Übel? - Ähhm das kleinest Übel? Da weiß man nicht, ob es das kleineste Übel bleibt.?
Es ist ein Trend, der sich bereits bei den vorherigen Wahlen abzeichnet. Im Vergleich zu früheren Landtagswahlen lässt sich ein deutlicher Wahlbeteiligungsrückgang erkennen. Während in den 50er bis 80er Jahren mehr als drei Viertel der niedersächsischen Bevölkerung wählen geht, sinkt die Anzahl der Wähler um die Jahrtausendwende deutlich und erreicht 2008 mit gerade einmal 57,1% ihren vorläufigen Tiefpunkt. Immerhin steigert sich die Wahlbeteiligung bei den letzten beiden Landtagswahlen wieder.
Philipp Köker vom Institut für Politikwissenschaften an der Leibniz Universität in Hannover erklärt diese Entwicklung folgendermaßen. "Lange Zeit war es so, dass Bürger sich stärker parteigebunden gefühlt haben und deswegen auch gut auf den Wahlkampf angesprochen haben. Sie sind aus Pflichtgefühl zur Wahl gegangen. Aber gerade gegen Ende der 90er, Anfang der 2000er haben wir gesehen, dass der Wahlausgang für manche Bürger möglicherweiße zu voraussehbar war."
Nichtwähler wieder zu mobilisieren - etwa mit direkteren Ansprachen, gezielten Kampagnen oder Angeboten - ist nur schwer möglich. Denn diese Gruppe ist keine einheitliche. "Es gibt drei größere Gruppen, die weniger zur Wahl gehen. Das sind zum einen Menschen in schlechter sozioökonomischen Umständen. Die haben oft andere Sorgen als sich mit Politik zu beschäfftigen. Dann sind es oft die jüngeren Menschen. Die fühlen sich teilweise durch Politik nicht angesprochen oder sehen das noch gar nicht als für sich relevant an. Und es sind Menschen mit niedrigerem Bildungsgrad. Gerade in den letzten Jahren haben wir gesehen, dass Politik immer komplexer wird, immer stärker vernetzt. Und dass es für Bürger nicht so einfach ist, zu erkennen, wo ihr Stimme jetzt den Unterschied macht."
Die Beteiligung könnte in den kommenden Jahren weiter sinken. Viele geben zwar noch ihre Stimme ab, scheinen das Wahlrecht aber mittlerweile eher als bürgerlichen Zwang, statt als Privileg zu sehen.
"Weil ich nicht weiß, was ich wählen soll und ob sich grundlegend etwas ändert."
"Man ist sich so unsicher, was kommt, was stimmt und was stimmt nicht."
"Es ist schon politisch immer schwieriger, zu überlegen, wenn man wählt und wo das überhaupt hinführen soll. Also eine gewisse Wahlmüdigkeit hätte ich schon, ja."
Doch dieses Problem ist nicht nur in Niedersachsen zu beobachten. Allen voran Nordrhein-Westfalen musste bei der Landtagswahl im Mai mit einer Wahlbeteiligung von gerade einmal 55,5% vorlieb nehmen. Im Ländervergleich somit deutlich auf dem letzten Platz vor Sachsen-Anhalt. Niedersachsen reiht sich mit den Ergebnissen der letzten Wahl im Mittelfeld ein. Höheres Interesse dagegen herrschte besonders in Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Berlin. Mehr als 70% der Bürgerinnen und Bürger nahmen hier an den Wahlen zum Landtag teil.
"Wähler gehen dann zur Wahl, wenn das Wahlergebnis wahrscheinlich knapp ausfällt. In NRW hatten wir jetzt den Fall, dass CDU und Grüne sehr weit vorne lagen und die SPD abgeschlagen war."
Zudem ist laut Köker in Bundesländern die Wahlbeteiligung größer, in denen zum Beispiel auch ehrenamtliche Arbeit verstärkter ausgeübt wird. Auch für die Wahl in Niedersachsen ist er zuversichtlich. Da SPD und CDU laut einer aktuellen Insa-Umfrage knapp beieinander liegen und der Wahlausgang
somit schwer vorherzusagen ist, könnten wieder mehr Menschen motiviert sein, ihr Kreuz zu setzen.
Und egal ob nun per Brief- oder Direktwahl: Eine höhere Beteiligung und somit auch repräsentativere Demokratiebildung sollte am Ende doch der Wunsch aller Bürgerinnen und Bürger sein.
"Seitdem ich 18 bin, gehe ich immer schön wählen, weil ich nicht möchte, dass meine Stimme irgendwem zugeordnet wird."
"Das ist das Mindeste, was mir machen können, wenn wir aktiv werden wollen."
"Man sollte sich nicht beschweren, wenn eine Partei gewinnt, die man nicht haben möchte."
Also wählen gehen, sagen einige Bürgerinnen und Bürger, die wir befragt haben.
Und dieser Grundgedanke ist ja wohl alles andere als für die Tonne.
Ein Blick auf die niedersächsische Landtagswahl 2017 zeigt:
Von den insgesamt mehr als 6 Millionen Wahlberechtigten, gaben gut 3,8 Millionen Menschen ihre Stimme ab. Die Zahl der Nichtwähler belief sich somit auf über 2,2 Millionen. Prozentual gesehen hätte eine fiktive Partei der Nichtwähler insgesamt 36,9% der Stimmen eingenommen, und damit genauso viele wie die SPD, die damals stärkste Partei wurde.
Mehr als ein Drittel entscheidet sich 2017 also gegen sein demokratisches Grundrecht - doch warum eigentlich?
"Weil die Politiker nur an sich denken. An uns kleine Menschen wird nicht gedacht."
"Ich weiß nicht, was es bringt, ja!"
"Ich glaub nicht mal mir selber. Dann glaube ich erst recht nicht an die Politik."
"Man weiß jetzt gar nicht mehr, wem man überhaupt noch vertrauen kann - Sie sagen also, lieber niemanden wählen, als das kleineste Übel? - Ähhm das kleinest Übel? Da weiß man nicht, ob es das kleineste Übel bleibt.?
Es ist ein Trend, der sich bereits bei den vorherigen Wahlen abzeichnet. Im Vergleich zu früheren Landtagswahlen lässt sich ein deutlicher Wahlbeteiligungsrückgang erkennen. Während in den 50er bis 80er Jahren mehr als drei Viertel der niedersächsischen Bevölkerung wählen geht, sinkt die Anzahl der Wähler um die Jahrtausendwende deutlich und erreicht 2008 mit gerade einmal 57,1% ihren vorläufigen Tiefpunkt. Immerhin steigert sich die Wahlbeteiligung bei den letzten beiden Landtagswahlen wieder.
Philipp Köker vom Institut für Politikwissenschaften an der Leibniz Universität in Hannover erklärt diese Entwicklung folgendermaßen. "Lange Zeit war es so, dass Bürger sich stärker parteigebunden gefühlt haben und deswegen auch gut auf den Wahlkampf angesprochen haben. Sie sind aus Pflichtgefühl zur Wahl gegangen. Aber gerade gegen Ende der 90er, Anfang der 2000er haben wir gesehen, dass der Wahlausgang für manche Bürger möglicherweiße zu voraussehbar war."
Nichtwähler wieder zu mobilisieren - etwa mit direkteren Ansprachen, gezielten Kampagnen oder Angeboten - ist nur schwer möglich. Denn diese Gruppe ist keine einheitliche. "Es gibt drei größere Gruppen, die weniger zur Wahl gehen. Das sind zum einen Menschen in schlechter sozioökonomischen Umständen. Die haben oft andere Sorgen als sich mit Politik zu beschäfftigen. Dann sind es oft die jüngeren Menschen. Die fühlen sich teilweise durch Politik nicht angesprochen oder sehen das noch gar nicht als für sich relevant an. Und es sind Menschen mit niedrigerem Bildungsgrad. Gerade in den letzten Jahren haben wir gesehen, dass Politik immer komplexer wird, immer stärker vernetzt. Und dass es für Bürger nicht so einfach ist, zu erkennen, wo ihr Stimme jetzt den Unterschied macht."
Die Beteiligung könnte in den kommenden Jahren weiter sinken. Viele geben zwar noch ihre Stimme ab, scheinen das Wahlrecht aber mittlerweile eher als bürgerlichen Zwang, statt als Privileg zu sehen.
"Weil ich nicht weiß, was ich wählen soll und ob sich grundlegend etwas ändert."
"Man ist sich so unsicher, was kommt, was stimmt und was stimmt nicht."
"Es ist schon politisch immer schwieriger, zu überlegen, wenn man wählt und wo das überhaupt hinführen soll. Also eine gewisse Wahlmüdigkeit hätte ich schon, ja."
Doch dieses Problem ist nicht nur in Niedersachsen zu beobachten. Allen voran Nordrhein-Westfalen musste bei der Landtagswahl im Mai mit einer Wahlbeteiligung von gerade einmal 55,5% vorlieb nehmen. Im Ländervergleich somit deutlich auf dem letzten Platz vor Sachsen-Anhalt. Niedersachsen reiht sich mit den Ergebnissen der letzten Wahl im Mittelfeld ein. Höheres Interesse dagegen herrschte besonders in Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Berlin. Mehr als 70% der Bürgerinnen und Bürger nahmen hier an den Wahlen zum Landtag teil.
"Wähler gehen dann zur Wahl, wenn das Wahlergebnis wahrscheinlich knapp ausfällt. In NRW hatten wir jetzt den Fall, dass CDU und Grüne sehr weit vorne lagen und die SPD abgeschlagen war."
Zudem ist laut Köker in Bundesländern die Wahlbeteiligung größer, in denen zum Beispiel auch ehrenamtliche Arbeit verstärkter ausgeübt wird. Auch für die Wahl in Niedersachsen ist er zuversichtlich. Da SPD und CDU laut einer aktuellen Insa-Umfrage knapp beieinander liegen und der Wahlausgang
somit schwer vorherzusagen ist, könnten wieder mehr Menschen motiviert sein, ihr Kreuz zu setzen.
Und egal ob nun per Brief- oder Direktwahl: Eine höhere Beteiligung und somit auch repräsentativere Demokratiebildung sollte am Ende doch der Wunsch aller Bürgerinnen und Bürger sein.
"Seitdem ich 18 bin, gehe ich immer schön wählen, weil ich nicht möchte, dass meine Stimme irgendwem zugeordnet wird."
"Das ist das Mindeste, was mir machen können, wenn wir aktiv werden wollen."
"Man sollte sich nicht beschweren, wenn eine Partei gewinnt, die man nicht haben möchte."
Also wählen gehen, sagen einige Bürgerinnen und Bürger, die wir befragt haben.
Und dieser Grundgedanke ist ja wohl alles andere als für die Tonne.