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Nadine Schmal von GetResponse erklärt die Auswirkungen der Remote Work auf den Arbeitsmarkt

Damian Kruse
Damian Kruse

Mit 31 noch immer nichts von meiner Begeisterung für Elektronikgeräte verloren, beschäftige ich mich sowohl privat als auch beruflich mit Themen aus dem Elektronik- und IT-Bereich. Selbst hatte ich beispielsweise schon über 50 Navigationsgeräte in Händen und habe weit über 100 Smartphones getestet.

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Heutzutage ist die Fernarbeit auf dem Vormarsch. Aber was sind die Vor- und Nachteile dieser Arbeitsmethode?

Während der Pandemie, einer Zeit, in der viele Menschen aus der Ferne arbeiteten, kam die Diskussion über Arbeitsflexibilität auf. Deshalb haben wir Nadine Schmal, Senior Marketing Spezialistin bei GetResponse, einem weltweit führenden Anbieter von Tools für das E-Mail Marketing, interviewt, um mit ihr darüber zu sprechen, wie das Home Office nicht nur eine höhere Produktivität, sondern auch eine größere Zufriedenheit und eine bessere Integration von Arbeit und Familie ermöglicht hat.

Dieses Arbeitsformat, das es schon immer gab, das aber in unserer neuen Gesellschaft an Stärke gewonnen hat, hat nicht nur in Deutschland, sondern auch auf der ganzen Welt Adepten gewonnen, die es Kollegen aus verschiedenen Ländern ermöglichen, ihre Talente zu bündeln, um intelligente Lösungen im modernen Arbeitsablauf zu finden, was die kulturelle Distanz zwischen den Ländern weiter verringert und neue Perspektiven für Unternehmen ermöglicht.

Darüber hinaus sind aus diesem neuen Trend auch andere Arbeitsformen entstanden, wie z.B. Menschen, die in andere Länder reisen und ihre Aufgaben mitnehmen, wie im Fall der viel diskutierten digitalen Nomaden.

Dem Statista-Bericht zufolge arbeiteten in Deutschland vor der Pandemie 4 % der Beschäftigten aus der Ferne, im April 2020 erreichte der Anteil mit 27 % seinen Höchststand und wird im Jahr 2021 bei 24 % liegen.

In diesem Interview erfahren wir von der Expertin Nadine Schmal mehr über die Vor- und Nachteile des Home Office für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und den Arbeitsmarkt und was die Zukunft bringt.

Fernarbeit hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Glauben Sie, dass diese Arbeitsform in Zukunft mehr Anhänger finden wird?

Dafür gibt es von mir ein eindeutiges Ja! Wenn Unternehmen ihre Arbeitsform mit Remote Working erweitern, eröffnen sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer neue Türen.

Aus Arbeitgebersicht kommen mehr Fachkräfte aus dem weiter entfernten Inland sowie Ausland infrage. Denn Arbeitnehmer müssen deshalb nicht unbedingt für einen neuen Job umziehen. Aus Arbeitnehmersicht hat dies einen enormen positiven Einfluss auf die Work-Life-Balance.

War die Option zum dauerhaften Homeoffice auch ein Kriterium für Ihre derzeitige Jobwahl?

Würde GetResponse kein 100 % full remote Job anbieten, würde ich dieses Interview hier nicht führen. GetResponse Hauptquartier liegt nämlich in Polen und ich lebe in Deutschland. Ich hätte mich niemals für den Job als Senior Marketing Spezialistin bei GetResponse beworben, wenn ich dafür extra nach Polen umziehen müsste. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich sehr, auch für kurze Phasen in Polen vom Büro aus zu arbeiten, um meine Kolleginnen und Kollegen persönlich zu treffen, aber ich möchte derzeit nicht dauerhaft von meiner Familie und Freunden in Deutschland so weit weg wohnen. Zudem müsste ich noch zusätzlich Polnisch lernen. Das wäre mir bei meiner Jobsuche zu viel auf einmal gewesen.

Zudem bin ich für die Marketing-Aktivitäten im deutschsprachigen Raum verantwortlich. Wenn ich auch in Deutschland lebe, ist es viel einfacher, an Messen und Veranstaltungen teilzunehmen und auch den deutschen Markt besser zu beobachten.

Können wir sagen, dass das Ende der Büros nahe ist? Oder gehen wir einfach zu einer größeren Flexibilisierung des Arbeitsregimes über?

Definitiv führt dies zu einer größeren Flexibilisierung. Ich würde sagen, dass es sich dazu entwickeln wird, dass ein Unternehmen weniger Standorte sowie kleinere Gebäude aufweist. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer keinen festen Arbeitstisch im Büro haben, sondern sich vorher über ein System einen Schreibtisch/Raum für den Arbeitstag buchen müssen.

Das liegt daran, dass es zum Teil immer noch Abteilungen gibt, die vom Büro aus arbeiten müssen, z.B. aufgrund von physischen Akten, Dokumenten usw. Außerdem wird es auch in Zukunft Beschäftigte geben, die aus verschiedenen persönlichen Gründen vom Büro aus arbeiten wollen.

Bei diesem Format können sich die Mitarbeiter demotiviert und von ihren Kollegen abgekoppelt fühlen. Wie schaffen Sie es, dass Sie sich auch aus der Ferne für das Unternehmen engagieren?

Eigentlich motivieren mich genau dieselben Aspekte, wie davor: Verschiedene Aufgaben, die mir Spaß machen und meiner Jobrolle entsprechen, sichtbare Auswirkung meiner Projekte auf das gesamte Unternehmen, Wertschätzung, nette und hilfsbereite Kolleginnen und Kollegen, kleine Aufmerksamkeit an alle Arbeitnehmer vom Unternehmen und eine angemessene Bezahlung.

Mit der Marketing-Betreuung des deutschsprachigen Raumes, habe ich quasi mein eigenes „Baby“, um das ich mich gut kümmern möchte. Die DACH Region ist eine kaufkräftige Region, welche einen Einfluss auf die übergeordneten Unternehmens-Kennzahlen hat. Dabei unterstützen mich durch gemeinsame Projekte diverse Abteilungen wie z.B. SEO, Designer, PPC und Affiliate. Um nur ein paar Abteilungen zu nennen. Ihre Ideen, Wissen, Fortschritte und Hilfe motivieren mich ebenfalls und fördern die persönliche Verbindung zu meinen Kolleginnen und Kollegen.

Und wie sieht es in puncto Wertschätzung und Kollegeninteraktion aus?

Halbjährige 1-to-1 Feedback-Gespräche sowie die wöchentlichen Update-Calls mit meinem Manager Peter Gzela sind außerdem sehr motivierend. Er ist derjenige, der mir stetig hilft immer besser zu werden, alles rund um Online Marketing und GetResponse verständlicher macht und sich um jegliche Fragen und Sorgen meinerseits kümmert. Somit fühle ich mich in jeglicher Arbeitssituation nie alleine.

Wertschätzende Worte von Kolleginnen und Kollegen, wenn ich meine Projekte und Ergebnisse präsentiere, ein bitte und danke in der Kommunikation untereinander, Geburtstagsgrüße/Weihnachtsgeschenke/u.ä. vom Unternehmen sind die täglichen Dopamin-Lieferanten, die meinen Arbeitsalltag versüßen.

Wie funktioniert bei GetResponse die Kommunikation zwischen Kollegen und Führungskräften, Chat-Software wie Google Meet, Microsoft Teams, Zoom und andere. Ist es möglich, den persönlichen Kontakt durch diese Mechanismen zu ersetzen?

Bei GetResponse benutzen wir hauptsächlich 5 verschiedene Kommunikations-Tools:

  1. Slack: Kurzer und schneller Austausch im Team, Gruppenchats über Projektupdates, andere wichtige Mitteilungen und Helpdesk.
  2. Microsoft Teams: Meeting Videocalls.
  3. Jira: Projektmanagement-Tool. Hier erstellen wir Aufgaben für uns selbst und für andere Abteilungen und geben Updates über Prozessfortschritte bis zur Finalisierung mit. Dies erleichtert und reduziert die Kommunikation untereinander.
  4. Microsoft Outlook: Hauptsächlich für Kommunikation mit externen Kontakten und Partnern.
  5. Wissensdatenbank auf Confluence: Anleitungen, Prozessablauf, Team-Information, Übersicht von Großprojekten. Dies hat mir besonders zu Beginn den Einstieg erleichtert, weil ich mir weniger Notizen machen musste und vieles noch mal in Ruhe nachlesen konnte.

Was würden Sie sagen, ist der größte Fehler, den Unternehmen bei der Einführung von Remote Workern machen, und wie kann man ihm am besten vorbeugen?

Generell für alle Unternehmen gilt: Ein gutes und ausführliches Onboarding ist wichtig. Neue Mitarbeiter bleiben mit größerer Wahrscheinlichkeit in deinem Unternehmen, wenn sie gut eingearbeitet werden.

Zu Beginn muss eine neue Person im Unternehmen in kurzer Zeit so viele Informationen aufnehmen (Produktwissen, Markenverständnis, interne Strukturen, Teammitglieder, Software & Tools, Kunden & Partner) und das Unternehmen kann dabei helfen, dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dieser Informationsflut nicht abgeschreckt werden.

Ist das nicht unglaublich zeit- und kostenintensiv?

Auch wenn ein längeres Onboarding eine hohe Investition für das Unternehmen ist, lohnt es sich für den Output: Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind weniger überfordert, können effizienter ihre ersten Aufgaben bewältigen und man fühlt sich auch wertgeschätzt, dass das Unternehmen sich zu Beginn so viel Zeit für einen nimmt und es nicht ab dem ersten Tag um To-dos und Produktivität geht.

Viele Arbeitgeberinnen befürchten einen Verlust an Produktivität, wenn sie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht täglich zu Gesicht bekommen. Was sagen Sie dazu?

Insbesondere bei Remote Workern sollte der Kontrollzwang nicht überhand gewinnen. Dies führt zu Überkommunikation und baut Stress bei den Remote Workern auf. Lieber sollten Manager auf Ergebnisse warten und auf Projektmanagement-Tools zurückgreifen, um Fortschritte zu erkennen.

Da durch Remote Work jedem überlassen ist, von wo er gerade arbeitet, sei wichtig zu erwähnen, dass es durchaus sein kann, dass einzelne Kolleginnen und Kollegen ggf. nicht sofort erreichbar sind. Fairnishalber denke ich, dass gewisse Kernarbeitszeiten oder Zeiten, in denen man sich definitiv mit dem eigenen Team überschneidet, wichtig für das gegenseitige Vertrauen sind.

Wir verändern die Art und Weise, wie wir arbeiten, aber wie können wir sicherstellen, dass sich die Menschen an diese neuen Lebensstile anpassen, da die Büroarbeit auf dem Arbeitsmarkt so stark verankert ist?

Neben all den Vorteilen, die Homeoffice mit sich bringt, beugt in erster Linie Selbstdisziplin und Eigenverantwortung vor, dass Mitarbeiter sich quasi zu Workaholics oder dem kompletten Gegenteil entwickeln. Zu Hause und Büro befinden sich nun unter einem Dach. Das bedeutet, dass manche Mitarbeiter zu Hause gar nicht mehr abschalten können und abends doch noch mal Mails checken, oder sich ständig zu Hause ablenken lassen und nicht produktiv sind.

Unternehmen können Arbeitnehmer durch Seminare, Bücher, Artikel und Methoden für Remote Working, Stressabbau, Produktivität sowie einem ergonomischen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen.

Es ist auch absolut OK, wenn jemand sich nicht für Remote Work eignet. Es ist keine Arbeitsform, die jedem Charakter und jeder Lebenslage gut tut. Gerade in der heutigen Zeit, in der unsere psychische Gesundheit so wichtig ist, kann Remote unter bestimmten Umständen eine Heilung oder eine Tortur sein. Jeder muss hier ehrlich mit sich selbst sein und es ist völlig OK, die Büroarbeit zu bevorzugen.

Wie eingangs von Ihnen erwähnt, ist GetResponse aus Polen. Wie ist Ihre persönliche Erfahrung, für ein polnisches Unternehmen zu arbeiten?

Bis auf das ich manchmal Probleme habe, die Namen meiner polnischen Kolleginnen und Kollegen auszusprechen, merke ich bisher keinen wirklichen Unterschied.

Grob zusammengefasst finde ich bei GetResponse dieselben Strukturen, Arbeitsmoral, Kommunikationsweise und Verlässlichkeit auf, die ich auch in anderen deutschen Unternehmen gemacht habe. Mir kommen insbesondere die höflichen und direkte Kommunikationsweisen bekannt vor. Die Bezahlung ist an den deutschen Standard in meiner Region und Job Position angepasst und alles rechtskonform gemäß den deutschen Regelungen.

Die Unternehmenssprache bei GetResponse ist Englisch und neben den überwiegend polnischen Kolleginnen und Kollegen haben wir auch welche aus anderen Teilen Europas, den USA und aus Asien. Die übergeordnete Unternehmenskultur ebnet den allgemeinen Umgang und Erwartungshaltung untereinander. Förderlich für eine angenehme Arbeitsatmosphäre ist, dass jedes Teammitglied unvoreingenommen und kommunikationsfreudig ist.

Was sind die wichtigsten Tipps für das Arbeiten in einem internationalen Team?

Für das Arbeiten in einem internationalen Team gibt es so wie immer im Leben komplexere „Kommt drauf an”-Antworten. Deshalb würde ich gerne die wichtigsten allgemeinen Ratschläge aus meiner bisherigen Erfahrung auf dem Weg geben:

  1. Akzeptiere, dass es nicht den einen richtigen Lösungsweg gibt. Unter anderem haben Kultur und Muttersprache einen Einfluss auf individuelle Lösungsansätze.
  2. Konflikte so persönlich wie möglich lösen (Videocall oder wenn es die Nähe zulässt alleine in einem Meeting-Raum). Konflikte sind emotional und schwer durch Textnachrichten und Emojis zu vermitteln.
  3. Lieber ausführlichere Aufgabenstellungen und eine Nachricht mehr verschicken. In internationalen Teams und Arbeiten aus ferner Distanzen ist ausgiebige Kommunikation wichtiger denn je!

Vielen Dank, Nadine, dass Sie die Zweifel vieler Menschen ausräumen und Arbeitnehmern und Arbeitgebern helfen, neue Lösungen zu finden und die Art und Weise, wie Menschen in der Gegenwart und in der Zukunft arbeiten, weiterzuentwickeln.

Nadine Schmal von GetResponse

Nadine Schmal ist als Senior Marketing Spezialistin bei GetResponse für die Marketing-Aktivitäten im deutschsprachigen Raum verantwortlich. Sie entwickelt Konzepte zur Positionierung und Lead Generation. Dazu gehören unter anderem Newsletter Erstellung, Promotion von diversen Marketing-Assets, Organisation von Webinaren und Messeauftritten.

Vorherige Praxiserfahrungen, insbesondere im SEO und Customer Success Service sowie dem Master in Marketing und Vertrieb, geben Nadine ein Auge für ein ganzheitliches Marketing. Praktika in Porto und Los Angeles haben ihren Wunsch, in einem internationalen Team zu arbeiten, verstärkt.

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