Zurück zur 50:50-Finanzierung: Krankenversicherte werden ab 2019 um Milliarden entlastet

Krankenversichertenkarten und Münze mit Eurozeichen
Die Kosten im Gesundheitswesen dürften in den nächsten Jahren weiter steigen. Aber die Versicherten müssen das nicht mehr allein schultern - die Arbeitgeber sind künftig wieder zu gleichen Teilen dabei.
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Ersparnis von 6,9 Milliarden Euro im Jahr

Gute Nachrichten für die rund 56 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen: Der Bundestag hat beschlossen, ab 2019 wieder zur 50:50-Finanzierung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zurückzukehren. Arbeitnehmer und Rentner sparen so 6,9 Milliarden Euro jährlich. Sie sollen auch auf Dauer davor geschützt werden, steigende Gesundheitskosten allein zu tragen. Allerdings steigt gleichzeitig der Beitrag zur Pflegeversicherung.

Das bedeutet die Rückkehr zur Parität

Ab 1. Januar 2019 schultern Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung wieder paritätisch – also je zur Hälfte. Der Beschluss gilt als eines der wenigen Entlastungsgesetze der schwarz-roten Koalitionen in dieser Legislaturperiode. Die Parität war vor 13 Jahren zulasten der Arbeitnehmer aufgeweicht worden. Von 2005 bis 2014 mussten sie einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zahlen - dies sollte damals die Arbeitgeber entlasten.

Seit 2015 setzt sich der Beitrag aus einem einheitlichen allgemeinen Satz und einem flexiblen Zusatzbeitrag zusammen. Der feste Satz liegt bei 14,6 Prozent und wird je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert. Zusatzbeiträge, die Kassen für sich festlegen können, schultern die Mitglieder bisher allein. Sie liegen derzeit im Schnitt bei 1,0 Prozent des Bruttolohns.

Wie viel sparen Krankenversicherte tatsächlich?

Symbolbild Rente, Rentner, Pflegeversicherung
Insgesamt soll die Beitragserhöhung der Pflegeversicherung zusätzliche Einnahmen von 7,6 Milliarden Euro pro Jahr einbringen.
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Insgesamt geht es um Entlastungen von bis zu acht Milliarden Euro - neben der hälftigen Beitragsfinanzierung auch durch die Entlastungen für Selbstständige und mögliche Senkungen durch Abbau von Reserven. "Das ist eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft", sagt Kai Helge Vogel, Gesundheitsexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Zwar seien kurzfristige Einsparungen nicht so groß - bei einem Zusatzbeitrag von 1 Prozent und einem Bruttoeinkommen von 2.000 Euro seien es 10 Euro im Monat -, doch da die Gesundheitskosten absehbar immer weiter steigen, weil die Bevölkerung älter wird und der medizinisch-technische Fortschritt teuer ist, falle der Schritt langfristig immer stärker ins Gewicht.

Der Haken: Ab 1. Januar 2019 steigt der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozent. Arbeitnehmer sollen dann 3,05 Prozent ihres Bruttoeinkommens für die Pflege zahlen. Kinderlose sogar 3,3 Prozent. Bei einem Einkommen von 2.000 Euro monatlich wären das 120 Euro mehr im Jahr. Arbeitnehmer zahlen davon 60 Euro. Die andere Hälfte tragen die Arbeitgeber.

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Deutliche Entlastung für Selbstständige

Das Gesetz sieht auch eine Entlastung von Kleinselbstständigen vor, die sich gesetzlich versichern wollen. Vor allem sie waren mit den hohen Beiträgen häufig überfordert. Die monatliche Mindestbemessungsgrundlage wird deutlich abgesenkt. Sie liegt dann 2019 bei 1.038 Euro. Die Selbstständigen werden damit den freiwillig gesetzlich versicherten Angestellten gleichgestellt. Das bedeutet, dass diese Selbstständigen künftig weniger als die Hälfte ihrer bisherigen Krankenkassenbeiträge zahlen müssen. Laut Gesetz verringert sich der Mindestbeitrag für hauptberuflich Selbstständige von rund 360 Euro auf rund 156 Euro.

Krankenkassen müssen Rücklagen abbauen

 Gesundheitskarten verschiedener Krankenkassen
Insgesamt verfügten die 110 Kassen zum Halbjahr über Finanzreserven von mehr als 20 Milliarden Euro.
jka jai, dpa, Jens Kalaene

Vermögende Kassen werden außerdem verpflichtet, ab 2020 innerhalb von drei Jahren ihre Rücklagen soweit abzubauen, dass sie die Ausgaben eines Monats nicht mehr überschreiten. Mit dem Geld können dann die Zusatzbeiträge gesenkt oder zumindest stabilisiert werden.

Das Volumen der durch den Abbau-Zwang erzielten Beitragssenkungen ab 2020 wird laut Gesetzentwurf jährlich 500 bis 750 Millionen Euro betragen. Bereits ab dem Bundestagsbeschluss dürfen Kassen, die über mehr als eine Monatsausgabe an Finanzreserven verfügen, den Zusatzbeitrag nicht mehr anheben.