Tabletten, Säfte , Salben
Wie lange kann ich abgelaufene Medikamente bedenkenlos nehmen?
Seit Wochen werden Medikamenten-Engpässe immer mehr zur Realität, besonders bei Arzneimitteln für Kinder herrscht derzeit großer Mangel. Unter anderem weil immer weniger Medikamente in Europa produziert werden, kommt es aktuell zu Lieferschwierigkeiten. Laut Ärzten und Apothekern spitzt sich die Lage weiter dramatisch zu.
Da kann sich jeder glücklich schätzen, der Nasenspray, Hustensaft, fiebersenkende Mittel und Co. noch vom Vorjahr im hauseigenen Arzneischrank vorrätig hat. Aber wie lange halten sich Tabletten, Säfte und Salben eigentlich? Kann ich sie nach Überschreiten des Ablaufdatums überhaupt noch bedenkenlos einnehmen oder sollte ich sie lieber schleunigst entsorgen? Wir klären auf.
"Arzneimittel sind hoch empfindliche Produkte"
Klaus Reinhardt, Chef der Bundesärztekammer, rief aufgrund der Knappheit bestimmter Medikamente die Bevölkerung im „Tagesspiegel“ dazu auf, sich gegenseitig mit Arzneimitteln aus der Hausapotheke auszuhelfen und damit quasi „Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft“ zu initiieren. Im Zuge dessen erklärte er, dass dafür auch Arzneien in Frage kommen könnten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen sei. Laut Reinhardt könne man zahlreiche Medikamente in der Not auch nach Monaten noch gefahrlos verwenden.
Der Apotheker Thomas Preis warnt jedoch davor, Medikamente über das MHD hinaus einzunehmen: „Arzneimittel sind hoch empfindliche Produkte. Sie tragen ein Verfallsdatum, bis zum dem die Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels gewährleistet ist. Danach ist eine sichere Anwendung nicht mehr garantiert.“ Im schlimmsten Fall könne es sogar gefährlich sein, das Medikament noch anzuwenden.
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Was kann passieren, wenn Sie abgelaufene Medikamente einnehmen?
Der Experte warnt, Medikamente könnte möglicherweise nicht wirken, wenn das MHD abgelaufen ist. „Das ist bei einer Erkrankung schon schlimm genug, denn das Ziel der Therapie wird nicht erreicht, und der Patient wird nicht gesund, und die Krankheit verschlimmert sich. Bei Fiebermedikamenten kann das Fieber zum Beispiel weiter ungebremst steigen.“ Im schlimmsten Fall könnten überlagerte Medikamente sogar zu gefährlichen Nebenwirkungen führen.
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Wie lange halten sich angebrochene Säfte, Tabletten und Salben?
„Tabletten, Kapseln und Dragees halten sich meist bis zum aufgedruckten Datum, auch wenn die Packungen angebrochen sind. Wichtig ist aber dabei eine trockene Lagerung bei Raumtemperatur“, erklärt Preis. „Salben, Cremes und Gele halten nach Anbruch oft nur drei bis sechs Monate“, so der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein e.V. weiter.
Flüssige Arzneimittel wie Hustensäfte oder Tropfen hielten sich nach Anbruch sogar oft nur wenige Tage, so der Experte.
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Tipps für die Aufbewahrung von Medikamenten
Da es sich bei Arzneimitteln um sehr empfindliche Produkte handelt, ist die richtige Lagerung wichtig. „Medikamente sollten Sie immer kühl und trocken lagern. Badezimmer oder Küche sind zu feucht und auch meist zu warm“, mahnt Preis. Raumtemperatur reiche aber für die meisten Apothekenprodukte aus.
„Bestimmte Medikamente müssen sogar kühl aufbewahrt werden, wie zum Beispiel Insulin. Dafür eignet sich am besten das Gemüsefach des Kühlschranks.“ Allerdings dürften Medikamente niemals eingefroren werden. Zudem appelliert der Apotheker, Medikamente immer so aufzubewahren, dass Kinder sie nicht unbemerkt erreichen können.
Wer sich hinsichtlich der Lagerung einzelner Medikamente unsicher sei, könne sich auch jederzeit an seinen Apotheker wenden: „Zu allen Fragen der Haltbarkeit und richtigen Lagerung von Medikamenten ist Ihre Apotheke der richtige Ansprechpartner“, sagt Preis.
So entsorgen Sie Arzneimittel richtig
Laut Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit (BGM) können Sie Medikamente über den Hausmüll (Restmüll) entsorgen. Denn seit dem 1. Juni 2005 wird der Hausmüll in Deutschland zuerst entweder in Müllverbrennungsanlagen verbrannt oder mechanisch-biologisch vorbehandelt und anschließend in Deponien gelagert.
Dadurch würden die in den Medikamenten enthaltenen Wirkstoffe weitgehend zerstört oder inaktiviert. Die Reste würden auf der Deponie keine Gefahr für das Grundwasser darstellen, so das BMG.
Alternativ können Sie (abgelaufene) Arzneimittel (kostenlos) in vielen Apotheken abgeben. Auch wenn die Apotheken nicht gesetzlich zur Annahme verpflichtet sind, bieten viele diesen Service dennoch an.
Achtung: Schütten Sie abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente keinesfalls ins Waschbecken oder in die Toilette. Das ist verboten, weil die meisten Kläranlagen die Arzneimittelwirkstoffe in der Regel nicht vollständig abbauen können. Folglich können Sie über das Abwasser zurück in den Wasserkreislauf gelangen.