Wahlkampf in Niedersachsen: CDU sicher, SPD gelassen, FDP in Panik
Steinbrück gibt sich sachlich
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ließ es sich nicht nehmen gemeinsam mit Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil zusammen die heiße Phase des Landtagswahlkampfes einzuleiten. Und sein Auftritt mobilisiert – statt der von Weil erwarteten 800 Zuhörer kommen doppelt so viele.
Steinbrück gibt sich lässig, geht nicht zum Rednerpult, sondern bleibt daneben stehen. In der einen Hand hält er das Mikro, die andere bleibt in der Hosentasche. Das bewahre ihn davor, zu lange zu sprechen, und auch vor "Bemerkungen, die ich anschließend wieder einfangen muss". Mehr Kommentare zu umstrittenen Statements der letzten Zeit gibt es nicht. Mit keinem Wort geht er auf seine Äußerung zum Jahreswechsel ein, dass der Kanzler schlecht bezahlt sei.
Er wolle "gerne über Politik reden und nicht irgend etwas anderes", kündigt der Kanzlerkandidat an, bekommt dafür Beifall - und nimmt sich dann die niedersächsische Landespolitik vor. Er spricht frei und ohne Manuskript. Er schreit nicht ins Mikrofon, gibt sich nicht kämpferisch, sondern sachlich. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt kaum vor. Er erwähnt sie beim Hinweis, dass die CDU unter ihrem Vorsitz zuletzt viele Landtagswahlen verloren habe.
Zum Schluss begibt sich Steinbrück in die Rolle des Motivators. Er wolle "Sie und euch motivieren", die Wahl in Niedersachsen sehr ernst zu nehmen. Manche SPD-Wähler seien "nach wie vor im Wartesaal", und er wisse, "dass manche von Ihnen manchmal Pickel haben" aus Ärger über die Politiker. Wer aber nicht wählen gehe, "wird anschließend von Leuten regiert, die dümmer sind als Sie".
Was wird aus Rösler?
Merkel wird heute in den Wahlkampf eingreifen, zusammen mit CDU-Spitzenkandidat David McAllister wird sie in Braunschweig auftreten. Obwohl die CDU in allen Umfragen stärkste Kraft ist, könnte erstmals seit 2003 Rot-Grün die Regierung übernehmen. Grund ist die Krise der FDP, die um den Wiedereinzug in den Landtag bangen muss. Deshalb könnte es Hilfe von der Union geben.
Sowohl Merkel als auch McAllister lehnen zwar eine offizielle Zweistimmen-Kampagne ab, bekennen sich aber ausdrücklich zu einer Fortsetzung der schwarz-gelben Bündnisse mit den Liberalen in Niedersachen und dem Bund. McAllister werde "selbstverständlich" mit beiden Stimmen CDU wählen, habe aber Verständnis dafür, wenn einige CDU-Wähler ihre Zweitstimme der FDP geben.
Die FDP kommt derweil weder aus der Krise noch zur Ruhe. In mehreren FDP-Landesverbänden gibt es nach Informationen der 'Bild'-Zeitung Überlegungen, nach der Niedersachsen-Wahl einen Sonderparteitag einzuberufen. Dies solle passieren, wenn Philipp Rösler trotz eines unbefriedigenden Wahlausgangs als Parteivorsitzender weitermachen wolle, berichtete die Zeitung unter Berufung auf FDP-Landesvorstände in Süd- und Ostdeutschland. Dazu zähle auch ein Ergebnis von knapp über fünf Prozent.
In mindestens vier Verbänden gebe es Überlegungen, nach dem 20. Januar, dem Tag der Niedersachsen-Wahl, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Laut FDP-Satzung muss ein Sonderparteitag einberufen werden, wenn mindestens vier Landesverbände dies offiziell beschließen.