Viele deutsche Firmen pfeifen auf den Mindestlohn

Bußgeld in Höhe von knapp zwölf Millionen Euro

Für Pflegepersonal, Bauarbeiter und Gebäudereiniger gibt es Mindestlöhne – zumindest theoretisch. Doch laut einem Medienbericht werden die branchenbezogenen Mindestlöhne nach wie vor häufig unterlaufen. Dies zeige eine Statistik der Bundesregierung für das vergangene Jahr, berichtet die 'Süddeutsche Zeitung'.

Mindestlohn, Dumping-Löhne, Friseure
Lohnuntergrenzen wurden jetzt auch für Friseure vereinbart: Auch sie sollen einen Mindestlohn von 8,50 Euro erhalten.
dpa, Britta Pedersen

Demnach wurde im vergangenen Jahr allein in der Bauwirtschaft in 1.690 Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil der Mindestlohn nicht bezahlt wurde. Bei der Gebäudereinigung waren es 248 Verfahren, bei den Sicherheitsdiensten 124, in der Abfallwirtschaft 55 und in der Pflegebranche 50 Fälle.

Die Zahlen habe das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Grünen im Bundestag zusammengestellt. Nach diesen Angaben seien 2012 genau 26.775 Arbeitgeber im Bauhaupt- und Baunebengewerbe kontrolliert worden. Das verhängte Bußgeld in der Branche wegen Verstößen beim Mindestlohn belaufe sich auf fast zwölf Millionen Euro.

Eine allgemeine gesetzliche Lohnuntergrenze gibt es in Deutschland nicht. In 13 Branchen wurden aber spezifische Mindestlöhne vereinbart - zuletzt für Friseure. Sie reichen von anfangs 6,50 Euro Stundenlohn im ostdeutschen Friseurgewerbe bis 13,70 Euro pro Stunde im West-Baugewerbe. Insgesamt arbeiten in den Branchen fast fünf Millionen Beschäftigte.

Rösler will FDP-Beschluss für Mindestlohn

SPD, Grüne und Linke verstärkten derweil ihren Druck für die Einführung eines einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns. Ein Gesetzentwurf des von Rot-Grün dominierten Bundesrats wurde erstmals vom Bundestag beraten. Die Länderkammer will mit ihrem Vorstoß erreichen, dass Vollzeitbeschäftigte in Deutschland von ihrer Arbeit menschenwürdig leben können. Die Höhe der Lohnuntergrenze soll eine Kommission festsetzen.

Die SPD brachte darüber hinaus einen Antrag ein, in dem sie einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde fordert. Zudem verlangt die Partei in einer Art Agenda 2020 eine Reihe von Sozialreformen, um Deutschland gerechter zu machen.

Indes drängt FPD-Chef Rösler seine Partei, sich für weitere Lohnuntergrenzen in einzelnen Branchen und Regionen zu öffnen. "Uns Liberalen steht es gut an, den Blick auf die Lebenswirklichkeit zu werfen", sagte Rösler in einem 'Spiegel'-Interview. Löhne von drei Euro hätten nichts mit Leistungsgerechtigkeit zu tun. Hier sei eine auf die soziale Marktwirtschaft verpflichtete Partei gefordert. In der FDP regte sich jedoch eineinhalb Wochen vor dem Parteitag in Nürnberg Widerstand gegen diese Position.

Union und FDP lehnen eine staatliche Lohnfestsetzung generell ab und wollen diese nur in einzelnen Branchen und Regionen zulassen.