Kundin sollte offenbar Geld unter Matratze legen und beten, um die Schwägerin zu heilen
Urteil gegen angebliche Hellseherin: 3 Jahre Freiheitsstrafe und 250.000 Euro Geldstrafe
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Höhere Strafe als die Staatsanwaltschaft forderte
Zum fünften Mal hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Prozess gegen eine angebliche Hellseherin angesetzt. Das mutmaßliche Opfer Anja L. (Name geändert) kann nun zumindest ein Bisschen aufatmen: Die Angeklagte wurde vom Gericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt – die Staatsanwaltschaft forderte zweieinhalb Jahre.
Wie Anja L. das Urteil aufgenommen hat, das erfahren Sie im Video.
Angeklagte sei eine gute Freundin gewesen
Anja L. konnte ihrer ehemaligen Freundin ins Gesicht schauen und ihren Emotionen freien Lauf lassen. Das Opfer kannte die Angeklagte unter dem Namen Maria: „Und das muss ich Dir jetzt direkt sagen: Maria, ich habe dich wirklich geliebt und jetzt schaffst du es noch nicht mal, mir in die Augen zu sehen. Du musst mit der Schuld leben, nicht ich.“ Während der Verhandlung bricht die Frau immer wieder in Tränen aus, sobald sie von der Vergangenheit berichtet.
Bis zum Tag der Offenbarung sei die Angeklagte tatsächlich eine sehr gute Freundin für Anja L. gewesen. Das machen auch einige Chat-Verläufe zwischen der Angeklagten und Anja L. deutlich.
Angeklagte soll vorgegeben haben, heilen zu können
Im August 2018 soll die Angeklagte nach Angaben der Staatsanwaltschaft der damals 52-Jährigen erklärt haben, sie könne deren tödlich erkrankte Verwandte durch das Ritual helfen. Die Kundin müsse dafür einfach nur 250 000 Euro in Plastikfolie umwickelt unter ihre eigene Matratze zuhause verstecken und intensiv für die Genesung beten. Die Hellseherin selbst werde von ihrem Geld noch 50 000 Euro dazulegen. Der Heilungserfolg sei davon abhängig, dass die Kundin anschließend keinesfalls unter ihre Matratze nachschaue. Drei Monate später tat Anja L. dies aber trotzdem und stellte erschrocken fest, dass dort nur noch Spielgeld lag. „Ich habe das Geld wieder eingepackt und habe es wieder unters Bett gelegt, habe gebetet, habe Kerzen angemacht, dann habe ich es wieder rausgeholt, bin in die Küche und habe es nochmal ausgepackt". Beim dritten Auspacken realisierte sie das Unfassbare. Sie brach zusammen und ging zur Polizei.
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Prozess hätte eigentlich vor einem Jahr beginnen sollen
Warum Anja L. diese Rituale überhaupt mitgemacht habe, sagte sie nochmal heute vor Gericht: „Es gab medizinischerseits keine Hoffnung mehr für meine Schwägerin und ich wollte jede Chance wahrnehmen, um ihr zu helfen. Ich hätte mir das sonst nie verziehen. Nur wegen dieser Motivation kann ich überhaupt mit diesem Kapitalschaden leben.“ Der Prozess hätte eigentlich bereits vor einem Jahr beginnen sollen, wurde allerdings immer wieder kurzfristig verschoben. Die beiden letzten Male hatte sich die Angeklagte krank gemeldet.