Tote bei Bombenanschlag in Oslo - Schüsse in Ferienlager

Steckt der Verdächtige hinter beiden Anschlägen?

Im Zentrum Oslos sind bei starken Explosionen mindestens sieben Personen getötet und zahlreiche Menschen verletzt worden. Nach Polizeiangaben soll eine Autobombe vor dem Ministerium für Öl und Energie in die Luft gegangen sein. Kurz darauf hat ein als Polizist getarnter Mann in einem Jugendcamp wild um sich geschossen. Wie die norwegische Polizei mitteilte, gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Bluttaten. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Es handelt sich um einen 32-jährigen Norweger.

Chaos nach dem Bombenanschlag in Oslo
Überall Verletzte und Trümmer: Rettungskräfte versuchen den Opfern von Oslo zu helfen.
Reuters, SCANPIX NORWAY

Ob in Oslo mehr als eine Bombe detonierte, ist noch unklar. Laut Polizei wollen Zeugen mehrere Explosionen gehört haben. Vier Gebäude wurden schwer beschädigt, Leichen lagen auf den Straßen. Der Sender NRK berichtete von Toten im Regierungsgebäude, allerdings soll kein Regierungsmitglied verletzt worden sein.

Augenzeugen berichteten von chaotischen Zuständen: "Es explodierte - es muss eine Bombe gewesen sein. Leute liefen in Panik rum. Ich habe mindestens zehn Verletzte gezählt", sagte Kjersti Vedun beim Verlassen des Areals. Schwarzer Rauch stieg nach der Detonation am Nachmittag auf. Zu den Zielen der Attentäter zählte offenbar auch die Zeitung 'VG', die ein Büro in einem der zerstörten Häuser hat. "Das ganze Gebäude bebte, wir dachten zunächst an ein Erdbeben", sagte ein NRK-Journalist, der sich zum Zeitpunkt der Explosion in der Nähe des VG-Büros aufhielt.

Auf den Bombenanschlag folgte rasch der nächste Schock für die Norweger: Ein Jugendlager der Arbeiterpartei von Ministerpräsident Jens Stoltenberg ist von einem Unbekannten angegriffen worden. Ein als Polizist getarnter Mann habe auf der Insel Utoya das Feuer eröffnet. Der Tatort liegt etwa 40 Kilometer westlich von Oslo. Bei der Schießerei sind laut Polizei bis zu 10 Menschen getötet worden. TV-Bilder zeigten zahlreiche im Wasser treibende Leichen.

Die Polizei hat den mutmaßlichen Täter festgenommen, wie die norwegische Nachrichtenagentur NTB berichtete. Angeblich wurde der 32-jährige Norweger am Nachmittag auch in Oslo gesehen. Es sei noch nicht sicher, welche Waffen er genutzt oder ob er bei den Anschlägen alleine gehandelt habe, so ein Polizeisprecher. Auf der Insel fanden die Polizisten auch nicht detonierten Sprengstoff. Die Osloer Polizei glaubt nicht an internationalen Terrorismus. Wahrscheinlicher sei eine lokale Variante, die sich gegen das derzeitige politische System wende.

Lager-Attentäter war wohl als Polizist verkleidet

Unterdessen gibt es immer mehr Augenzeugenberichte aus Oslo. "Leute liegen auf der Straße und bluten. Überall ist Glas. Es ist das reinste Chaos hier", sagte die NRK-Journalistin Ingnunn Andersen. Polizei und Rettungskräfte versuchten, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Die Menschen wurden im Rundfunk aufgefordert, der Gegend fernzubleiben. Auch der Hauptbahnhof der norwegischen Hauptstadt wurde geräumt.

Ministerpräsident Stoltenberg wurde an einen sicheren Ort gebracht. Am späten Abend trat Stoltenberg vor die Presse und beschwor den Zusammenhalt im Land. Die Bevölkerung solle auf die Polizei hören, das Zentrum von Oslo meiden. Er habe eine Botschaft an die Täter: "Ihr werdet unsere Demokratie und unser Engagement für eine bessere Welt nicht zerstören." Niemand könne Norwegen "zum Schweigen schießen", das Land werde nicht aufhören, zu seinen Werten zu stehen.

Dem Nato-Mitglied Norwegen wurde in der Vergangenheit mehrmals von Al-Kaida-Führern für sein militärisches Engagement in Afghanistan mit Terroranschlägen gedroht. Norwegen nahm auch an den Nato-Militäreinsätzen gegen den libyschen Diktator Muammar Gaddafi teil.

EU und Nato verurteilten die tödlichen Anschläge in Norwegen auf das Schärfste. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich betroffen. "Ein Anschlag dieser Größe ist nicht etwas, dass man in Norwegen erwartet."

Bundeskanzlerin Angela Merkel teilte den Norwegern in einer schriftlichen Stellungnahme ihr Entsetzen mit: "Meine tiefe Anteilnahme gilt den Familien der Opfer, den Verletzten wünsche ich rasche Besserung. Die norwegische Regierung und das norwegische Volk sollen wissen, dass die Bundesregierung und die Deutschen solidarisch an ihrer Seite stehen", so Merkel.