Tickende Zeitbomben: Warum Menschen Amok laufen
Wohin mit den aufgestauten Aggressionen?
Seitdem bekannt wurde, dass der Absturz des Germanwings A320-Airbus womöglich auf die persönlichen Selbstmordabsichten des Co-Piloten Andreas L. zurückzuführen ist, steht weltweit eine Frage im Raum: Warum? Die Gründe für einen Selbstmord reichen von scheinbar unlösbaren Geldproblemen bis hin zur tiefsitzenden Depressionen. Doch was veranlasst einen Menschen dazu, neben sich noch andere, unschuldige Menschen mit in den Tod zu reißen? Was treibt Amokläufer zu einer solchen Tat? Und, ganz speziell gefragt, Wie skrupellos muss jemand sein, um 149 andere Menschen zu töten?
Nach dieser unfassbaren Tat gehört offenbar auch der Co-Pilot Andreas L. in die Reihe der Amokläufer und Massenmörder: Darin finden sich Deutsche wie Tim K. in Winnenden oder Robert S. in Erfurt. Aber auch die Amerikaner, die an der 'Columbine-Highschool' oder an der 'Sandy-Hook-Grundschule' Blutbäder anrichten, als wäre es so normal wie der Gang in die Schulkantine, reihen sich in die Liste der Amokläufer ein. Sie tötete zig Menschen als wäre nichts dabei, sind brutal und gefühlskalt und haben dabei eines gemeinsam: Sie sind alle Männer.
"Das Zeigen von Gewalt und Aggressivität ist bei Männern genetisch wesentlich höher ist als bei Frauen", meint der Kriminologe Rudolf Egg. Gewalttaten dieser Größenordnung scheinen bei Frauen schlichtweg nicht vorzukommen. Fast immer sind es Männer, die ihre Aggressivität in tödliche Gewalt umsetzen, auch gegen sich selbst. Drei Mal so viele Männer wie Frauen begehen Selbstmord. "Einer der Gründe ist, dass Frauen über die Fähigkeit verfügen, Hilfe zu holen und in Anspruch zu nehmen“ sagt der Suizidologe Dr. Manfred Wolfersdorf.
Das Gefühl der Verzweiflung und der Ohnmacht
Auch Psychologen erleben, dass Frauen viel früher und rechtzeitiger zu ihnen in die Praxis kommen. Männer häufig erst, wenn es fast schon zu spät ist. Auch bei "erweitertem Suizid" sind es meistens Väter, die ihre Kinder mit in den Tod reißen. Psychologe Ulrich Schmitz sieht die Gründe dafür in den unterschiedlichen Art und Weisen, wie Frauen und Männer Probleme verarbeiten: Typischerweise richten Männer ihre Aggressionen nach außen - Frauen richten diese dagegen eher gegen sich selbst.
Mehr als 80 Prozent aller Gewalttaten werden von Männern verübt, häufig aus einem Gefühl von Verzweiflung und Ohnmacht heraus. Durch die Gewalt wollen sie sich wieder stark fühlen. Bei Frauen hingegen sind es meist Essstörungen oder Depressionen, die zum Ventil von Verzweiflung werden, so der Kriminologe Rudolf Egg
Geschlechtsspezifische Unterschiede in Aggressions- und Problembewältigung hin oder her – es bleibt für fast alle Menschen - Männer wie Frauen - unverständlich, wie jemand zu solchen Taten fähig sein kann. Andreas L. hat die Antwort auf die Frage, die jedem auf dem Herzen liegt, mit in Tod genommen.