Medienexperte erklärt

Sind wir nicht alle ein bisschen royal? Warum uns Königshäuser so faszinieren

ARCHIV - 29.04.2011, Großbritannien, London: Prinz William und seine Ehefrau Herzogin Catherine küssen sich an ihrem Hochzeitstag auf dem Balkon des Buckingham-Palaste.  Herzogin Kate feiert am 09.01.2022 ihren 40. Geburtstag. (zu dpa-Korr "Ähnlichke
Prinz William und Kate bei ihrer Hochzeit.
sab kde, dpa, Peter Kneffel

von Vera Dünnwald

Die Märchenhochzeit von Prinz William und seiner Kate, der Sex-Skandal von Prinz Andrew, die frechen Grimassen vom kleinen Louis und natürlich der „Megxit“: Die Royals und ihre Geschichten, sie faszinieren Menschen auf der ganzen Welt. Doch warum interessieren uns vor allem die britischen Monarchen eigentlich so sehr? Was macht die Faszination aus? Darüber haben wir mit Medienexperte Prof. Dr. Jo Groebel gesprochen.

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Die Geschichte des britischen Königshauses ist faszinierend

Queen Elizabeth II. und ihre Royal Family im Jahr 1968.
Queen Elizabeth II. und ihre Royal Family im Jahr 1968.
picture alliance / empics | PA

Montag, der 19. September 2022, wird als globales Ereignis in die Geschichtsbücher eingehen. Nachdem die britische Königin Elizabeth II. am 8. September im Schloss Balmoral verstarb, wird nun die Frau beigesetzt, die ihrem Land 70 Jahre lang diente. Die Faszination um sie und ihre Familie reicht Jahrzehnte zurück. „Das britische Königshaus steht für hunderte von Jahren geschichtlicher Tradition. Die niederländischen und belgischen Königshäuser beispielsweise, die erst im 19. Jahrhundert gegründet wurden, können da allein historisch gesehen kaum mithalten“, erklärt Prof. Dr. Jo Groebel im RTL-Interview.

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Es geht um Skandale, die sich sowohl in der Geschichte als auch in der Literatur wiederfinden, um Privatleben, die uns – egal ob auf positive oder negative Art und Weise – faszinieren. Groebel hebt bei den britischen Royals vor allem die Historie als Faszinationsmerkmal hervor: „Da ist vorher schon so viel passiert. Wir haben einen großen Strauß nicht nur von Glamour, sondern von Auf und Abs und ganz großen Momenten eines ehemaligen Weltreichs. Ein König, der aus Liebe abgedankt hat oder eine vom Volk verehrte Prinzessin, bei deren Beerdigung eine ganze Generation weinend vor dem Fernseher saß. Das gab und gibt es bei keinem einzigen heute noch aktivem Königshaus in solch extremer Form.“

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Wir begleiten die Royals ein Leben lang

In Großbritannien könne man außerdem sehen, wie sich die jeweiligen Personen der Royal Family im Laufe der Jahre verändern. „Auch das gibt es in der Form in keinem anderen Königshaus auf der Welt. Wir bekommen hier die Entwicklungen mit. Alleine der jetzige König Charles, der erst der Fiese war, der seine Frau Diana betrogen hat, dann war er der ewig Wartende, dann der reifer Gewordene und nun eben der König. Wir begleiten die Leute über einen langen Zeitraum hinweg, sodass wir unsere eigenen Wünsche, Vorstellungen und Emotionen da rein projizieren können.“ Das Besondere: „Hier tut sich einfach enorm viel und es passiert immer etwas Neues. Und: Das ist alles basierend auf Fakten.“

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Drama, Drama, Drama! Die Royal Family als Teil der Populärkultur

Neben der Geschichte und den Veränderungen spielt auch das Drama eine große Rolle: „Man kann sich mit den einzelnen Personen des Königshaus identifizieren – oder auch nicht. Es gibt Charaktere, die wir bewundern, mit denen wir sympathisieren. Dann wiederum gibt es diejenigen, die wir ablehnen. Kein Theaterstück kann dieses große Drama übertreffen.“ Selbst wenn man kein Fan der Royal Family sei: Dramen sorgen für enorme Aufmerksamkeit. „Wir sind zudem alle mit Geschichten aus dem Königshaus aufgewachsen“, sagt Groebel. Queen Elizabeth II., die 96 Jahre alt wurde und 70 Jahre lang auf dem britischen Thron saß, sei damit Teil unserer Biografie.

Auch in die Populärkultur findet kaum ein Königshaus so viel Einzug wie das britische. „Egal ob Serien, Filme, Comedy-Sendungen, bei der nachrichtlichen Berichterstattung oder dem Souvenir-Verkauf, wenn man in London unterwegs ist – all diese Effekte unterstützen die Royal-Faszination massiv. Im Vergleich zu den lauen Lüftchen, die in den anderen europäischen Königshäusern wehen, wo Stories teilweise auch etwas hochgespielt werden, ist bei den Briten alles real“, erklärt der Medienexperte.

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Trauer kann zusammenschweißen

Menschen in London in der Schlange.
Viele Menschen sind in den letzten Tagen in London zusammengekommen, um sich von Queen Elizabeth II. zu verabschieden.
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Ganz wichtig sei außerdem der Glamour-Faktor: „Und der geht uns Deutschen natürlich völlig ab. Wir sehen auf der Insel regelmäßig Feierlichkeiten und Rituale, die wir aus Deutschland gar nicht kennen. Auch wenn sie teils befremdlich scheinen mögen: Faszinieren tun sie uns allemal.“

Mit dem Tod der Queen, die uns auf gewisse Art und Weise unsterblich schien, bricht nun eine Instanz weg. Groebel sagt: „In der aktuellen Situation, die geprägt ist durch eine Pandemie, einen Krieg und einige Krisen, ist die Beerdigung nun ein Ereignis, das zusammenschweißt. Solche Momente sind als Ablenkung fast tröstlich, was man von Trauer sonst eigentlich nicht sagen kann.“ Solch einenden Momente seien auch etwas Positives. „Man ist Teil von etwas Großem und die Menschen sind vereint.“