Schüsse auf Autotransporter: BKA jagt Heckenschützen
Täter vermutlich Lastwagenfahrer
Die Angst fährt mit: Seit Mitte 2008 schießt ein mysteriöser Heckenschütze an deutschen Autobahnen auf Autotransporter. Mehrere Hundert Wagen auf den Ladeflächen hat er bereits getroffen, der Täter feuerte schon öfter als 700 Mal. Der Schaden für die Firmen geht in die Millionen, heißt es bei der Polizei.
Das Bundeskriminalamt (BKA) fahndet mit Hochdruck nach dem Schützen, doch die Jagd gestaltet sich schwierig. "Dass ihre Ladung und ihr Transporter beschossen wurden, merken die betroffenen Lkw-Fahrer meistens erst beim nächsten Halt, wenn sie die Beschädigungen durch Einschusslöcher entdecken", sagte der Innenminister von Rheinland Pfalz, Roger Lewentz (SPD). Noch haben die 90 ermittelnden Beamten keinen direkten Hinweis auf die Täter. Auch ein präparierter Lastwagen, der als Lockvogel eingesetzt wurde, brachte bislang keinen Erfolg.
Die Verunsicherung ist groß: "Selbstverständlich hat man da Angst", sagte der Sprecher der Kraftfahrergewerkschaft, Franz-Xaver Winkelhofer. Man wisse ja nie, wo der nächste Schuss falle. Die Lage wirkt bedrohlich, und Autofahrer können sich kaum schützen. "Man kann keine Warnungen aussprechen, weil man nicht weiß, wo die zuschlagen", sagte der Leiter des ADAC-Rundfunkstudios, Klaus Reindl. Der Täter sei "sehr mobil", teilte das BKA mit.
Belohnung auf 100.000 Euro heraufgesetzt
Was treibt einen Menschen dazu, 700 Mal durchzuladen und auf fahrende Autos zu schießen, stets mit dem Risiko, einen anderen Menschen zu töten? Ein verärgerter Ex-Angestellter? Ein Waffennarr? Oder sogar politisch motivierte Taten? Nach bisherigen Ermittlungen ist der Schütze vermutlich ein Lastwagenfahrer, der aus seinem Führerhaus heraus feuert. "Der Täter zielt zwar in erster Linie auf die transportierten Fahrzeuge, aber er nimmt dabei erkennbar in Kauf, dass Menschen verletzt werden oder gar zu Tode kommen", so Lewentz.
Auch wenn bislang keiner der Lkw-Fahrer verletzt worden ist, traf der Schütze Ende 2009 bei Würzburg eine 40 Jahre alte Autofahrerin in den Hals. Sie verursachte einen Unfall und wurde schwer verletzt. Das sei vermutlich nicht beabsichtigt gewesen, erklärten die Ermittler. Trotzdem ermittelt die Koblenzer Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der versuchten Tötung. "Wir schließen bedingten Tötungsvorsatz nicht aus", sagte der leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse.
Tatorte sind unter anderem die A3 von Bayern bis Nordrhein-Westfalen, die A5 zwischen dem hessischen Kirchheim und dem Autobahnkreuz Karlsruhe und die A61 zwischen dem Autobahnkreuz Kerpen (Nordrhein-Westfalen) und dem Autobahndreieck Nahetal in Rheinland-Pfalz. Auch im Ausland hinterlässt der Schütze seine Spuren, vor allem in Belgien. Bis heute wurden dort 14 Anschläge registriert. Auch aus Frankreich und Österreich werden Fälle gemeldet. Bestimmte Modelle scheint der Täter aber nicht zu bevorzugen.
Er schießt meist mit Munition vom Kaliber 22, das sowohl von Sportschützen als auch zur Jagd verwendet wird. Die Gefahr nimmt nach Einschätzung der Ermittler zu, denn seit Mai oder Juni dieses Jahres benutze der Täter auch Munition mit größerem Kaliber, berichtete BKA-Chef Jörg Ziercke. Für Hinweise, die zum Durchbruch bei den Ermittlungen führen, wurde eine Belohnung von 100.000 Euro ausgesetzt. "Wir benötigen die Hilfe von LKW-Fahrern, Betroffenen und Bürgern", teilte Ziercke mit.