Warum Sie das "Beauty Parlor Stroke Syndrome" kennen sollten
Gefahr im Schönheitssalon: Frau (50) erleidet Schlaganfall bei Friseurbesuch
von Vera Dünnwald
Hier ein frischer Schnitt, da ein bisschen Farbe – und jede Menge Entspannung! An kaum einem anderen Ort dürfte man so gut zur Ruhe kommen können wie beim Friseur oder im Schönheitssalon. Wer Me-Time genießen will, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Dass man dort – und auch tagelang danach – einer echten Schlaganfall-Gefahr ausgesetzt ist, dürfte den wenigsten klar sein. Die einzige „Gefahr“, die viele kennen dürften, ist vermutlich, dass die Haare zu kurz werden oder die Farbe zu dunkel wird.
Aber: „Das sogenannte ‘Beauty Parlor Stroke Syndrome’ gibt es wirklich“, bestätigt auch Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht. Was genau hat es damit auf sich? Müssen wir uns jetzt ernsthaft Sorgen machen, wenn der nächste Friseurbesuch ansteht?
Indien: Frau erleidet Schlaganfall nach Friseurbesuch
Wie „India Today“ berichtet, endete ein Schlaganfall in Hyderabad (Indien) fast tödlich, nachdem eine 50-jährige Frau beim Friseur war und sich dort die Haare waschen ließ. Die Ärzte vermuten, dass ein wichtiges Gefäß, das für die Blutversorgung im Hirn zuständig ist, geplatzt war. Zuvor litt die Frau unter Schwindel, Übelkeit und einem Ungleichgewicht in ihrem Körper. Dr. Specht erklärt im RTL-Interview, dass ein solcher Vorfall zwar selten sei – aber nicht vollkommen unwahrscheinlich. Was sich anhört wie ein echtes Horror-Szenario, könne durchaus so geschehen. Die Rede ist vom „Beauty Parlor Stroke Syndrome“, auf Deutsch: „Schönheitssalon-Syndrom“.
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„In der medizinischen, wissenschaftlichen Literatur wird dieses Phänomen immer wieder beschrieben. Es ist natürlich sehr selten – was aber auch an der hohen Dunkelziffer liegen dürfte, da bin ich mir sicher. Denn das Problem ist, dass der Schlaganfall nicht sofort auftreten muss, sondern manchmal auch erst Tage danach. Und dann denkt natürlich keiner mehr daran. Nemand würde seinen Besuch im Schönheitssalon mit seinem Schlaganfall bringen“, so Dr. Specht.
Überdehnung kann Gefäße beschädigen
Doch was genau ist das Problem? Wie kommt es überhaupt dazu, dass man ausgerechnet beim Friseur einem Schlaganfall-Risiko ausgesetzt ist? Schuld ist nicht in etwa das Waschen der Haare an sich – sondern die Überstreckung, bei gegebenenfalls nicht vorhandener Polsterung: „Wenn man am Waschbecken sitzt und der Kopf zu weit nach hinten geneigt ist, dann passiert es schon mal, dass der Nacken überstreckt beziehungsweise überdehnt wird. Dabei kann es zu einer Schädigung der Intima, der inneren Auskleidung der Arterien, kommen.“
Das ist aus folgendem Grund problematisch: „Unser Gehirn wird ja über vier Arterien mit Blut und Sauerstoff versorgt. Die Hauptschlagader, die Aorta, läuft quasi vorne lang bis hoch zum Hirn. Sie ist beim Schönheitssalon-Syndrom jedoch nicht betroffen, sondern die links und rechts, an der Wirbelsäule entlanglaufenden Arterien. Das sind die sogenannten Vertebralarterien. Werden diese nach hinten überstreckt, kommt es zu diesem Einriss der Intima, der inneren Auskleidung der Gefäße. Unser Körper hat in einem solchen Fall gute Intentionen und versucht das selber in Ordnung zu bringen, indem er die Stelle mit Thrombozyten abdichten will. Doch genau das ist das Gefährliche! Dabei bildet sich nämlich ein Blutpfropfen, ein Gerinnsel.“
Dieses Gerinnsel könne sich entweder vergrößern oder abreißen, was unter Umständen etwas dauern kann. „Das erklärt die Zeit dazwischen, dass vor Ort im Salon noch alles in Ordnung ist und nach Tagen plötzlich ein Schlaganfall auftreten kann.“ Reißt das Gerinnsel ab, zische es im Blutstrom hoch ins Hirn, wo es unter Umständen großen Schaden anrichten könne. „Dann kommt zu typischen Schlaganfallsymptomen. Das ist ganz tückisch“, sagt Dr. Specht.
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Trotzdem heißt das nicht, dass man ab sofort Angst vor dem nächsten Friseurbesuch haben muss. Das „Beauty Parlor Stroke Syndrom“ trete durchaus sehr selten auf. „Solange das Waschbecken gut gepolstert ist und man Kopf und Nacken nicht zu weit nach hinten dehnt, dann passiert nichts.“ Trotz allem mahnt der Allgemeiner bei allem, bei dem es zu einer Überstreckung kommen kann, zur Vorsicht: „Beim in den USA sehr populären Chiropraktiker, wo ‘mal eben etwas eingerenkt wird’, wird ein ähnlicher Mechanismus verwendet. Das kann im Zweifel brandgefährlich werden.“
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