Nach Jagdunfall in Brandenburg: Was sind die Folgen der tödlichen Verwechslung?

Schütze hielt Pärchen für Wildschwein

Nachdem ein Jäger bei Nauen in Brandenburg versehentlich auf ein Liebespaar geschossen und dabei einen 30 Jahre alten Mann getötet sowie seine 23-jährige Freundin schwer verletzt hat, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. Die Ermittler gehen bei dem Vorfall, der sich in der Abenddämmerung ereignete, zwar von einem Unglücksfall aus, doch hat der 30-jährige Schütze offenbar wichtige Grundregeln der Jagd missachtet. Nach Meinung von Experten könnte er den tödlichen Schuss zu unbedacht abgegeben haben.

Nach Jagdunfall in Brandenburg: Die Folgen der tödlichen Verwechslung
Polizeiwagen stehen in der Nähe der Unglücksstelle in Nauen (Brandenburg).

Bei seiner polizeilichen Vernehmung gab der Mann demnach an, nahe einer Champignon-Farm im Nauener Ortsteil Tietzow auf einem Hochstand auf Wild gewartet zu haben. Als es in der Dämmerung im angrenzenden Maisfeld geraschelt habe, habe er sein Gewehr angelegt und geschossen, weil er das Pärchen offenbar für ein Wildschwein hielt.

Nachdem der 30-Jährige seine fatale Verwechslung bemerkt hatte, verständigte er laut Polizei sofort den Rettungsdienst. Für den tödlich getroffenen Mann kam jedoch jede Hilfe zu spät, die schwer verletzte 23-Jährige wurde noch am Abend notoperiert und sei zurzeit nicht vernehmungsfähig.

Wurden wichtige Jagd-Regeln missachtet?

Nach Meinung von Experten hatte der Schütze womöglich einige Grundsätze der Jagd außer Acht gelassen, ehe er abdrückte. "Er muss sehen ob es ein männliches oder weibliches Tier ist, ob es Jagdzeit hat, ob es ein Muttertier ist, das führt - all das muss er beachten, bevor er den Schuss abgeben darf", sagt Thomas Schreder, Präsidiumsmitglied des bayerischen Jagdverbandes.

Dies wird in der abendlichen Dämmerung jedoch kaum möglich gewesen sein, ebenso wenig wie die Einhaltung eines bei jeder Wildart obligatorischen Sicherheitsbereichs: "Die Schussabgabe darf erst dann erfolgen, wenn […] Vorder- und Hintergelände frei sind und ein sicherer Kugelfang gegeben ist. Vorher darf ein Schuss nicht abgegeben werden", so der Experte.

Der Vater des Todesopfers kritisierte das Vorgehen des Jägers bereits scharf und äußerte in der 'Bild'-Zeitung seinen Unmut: Er könne nicht verstehen "wie dieser Jäger auf etwas schießen konnte, was er nicht gesehen hat".

Laut der Staatsanwaltschaft Potsdam bestünden keine Zweifel an den Aussagen des Jägers. Die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung würden davon allerdings nicht beeinträchtigt. Ähnlich wie schon bei zahlreichen vergangenen Jagdunfällen wird jedoch vieles - auch mangels Zeugen - Interpretationssache bleiben, eine rechtliche Grauzone. Im Falle einer Verurteilung drohen dem 30-Jährigen bis zu fünf Jahre Haft.