Lara-Mia (neun Monate) verhungerte elendig: Haftstrafe für Stiefvater
Richter: Angeklagter wusste, "dass das Kind ohne ärztliche Hilfe sterben könnte"
Der Tod der kleinen Lara-Mia aus Hamburg liegt mittlerweile um ein Vielfaches länger zurück als dem Mädchen an Lebenszeit vergönnt war. Sie starb im März 2009 im Alter von neun Monaten aus – wie es heißt – "ungeklärter Ursache". Knapp acht Jahre später hat das Hamburger Landgericht den Stiefvater Daniel C. zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. "Spätestens einen Monat vor dem Tod erkannte der Angeklagte, dass das Kind ohne ärztliche Hilfe sterben könnte", sagte der Vorsitzende Richter zur Begründung. Das Urteil liegt über der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Bewährungsstrafe gefordert hatte.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem 29-Jährigen Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen. Die kleine war laut Anklageschrift "spätestens ab Februar 2009 erkennbar lebensbedrohlich unterernährt", seit Oktober 2008 soll Daniel C. sie "nicht mehr ausreichend ernährt haben". Er war bereits 2010 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt, dieser war stattgegeben worden. Danach war Daniel C. wegen einer psychischen Erkrankung verhandlungsunfähig gewesen.
Seit dem 10. November hatte der junge Mann nun wieder vor Gericht gestanden. Da diesmal die Verteidigung Revision gegen das Urteil einlegt, könnte sich eine endgültige Verurteilung noch weiter hinziehen. Lara-Mias Mutter war im November 2011 bereits wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden.
Betreuerin trägt Mitschuld
Nach den bekannt gewordenen Tatsachen ist davon auszugehen, dass Lara-Mia mindestens die Hälfte ihres viel zu kurzen Lebens Hunger leiden musste. Zum Zeitpunkt ihres Todes wog sie nur noch fünf Kilo, die Hälfte dessen, was ein gesundes Kind in ihrem Alter auf die Waage bringen sollte. Den Polizisten und Rettungskräften bot sich in der Wohnung der jungen Familie ein grausames Bild. In der Verhandlung gegen Lara-Mias Mutter Jessica R. berichteten sie, das Mädchen habe ein "greisenhaftes" Gesicht gehabt, abgemagert bis auf die Knochen, die Haut sei komplett faltig gewesen.
Eine Nachbarin sagte damals aus, die Kleine habe ausgesehen "wie ein Kind aus Afrika". Laut Berichten einer Gedenkseite für Lara-Mia im Internet war der Leichnam des Babys verwahrlost und dreckig aufgefunden worden. " Benutzte Windeln lagen auf dem Boden im Kinderzimmer, im Bettchen lag nur eine schmutzige Matratze und Fäkalgeruch hing in der Luft, als Ermittler die Wohnung durchsuchten", berichtete RTLnext damals von der Verhandlung gegen die Mutter.
Eine Mitschuld an dem grausamen Schicksal des kleinen Mädchens trifft auch das Hamburger Jugendamt. Einer Betreuerin, die der überforderten jungen Familie helfen sollte, war der dramatische Zustand Lara-Mias kurz vor ihrem Tod nicht aufgefallen. Die Sozialarbeiterin wurde bereits 2010 wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 2.700 Euro verurteilt.
Zu Beginn des heute abgeschlossenen Prozesses wollte der Angeklagte keine Aussage machen, stattdessen wurde das Protokoll seiner polizeilichen Vernehmung aus dem Jahre 2009 vorgelesen. Seine damaligen Worte lassen immerhin so etwas wie eine Einsicht oder ein Schuldgefühl vermuten. Auf die Frage, ob er sich ausreichend um Lara-Mia gekümmert habe, hatte Daniel C. geantwortet: "Nicht wirklich, sonst wäre sie ja noch am Leben."