Kritik an Behörden wächst
Tödliche Messerattacke in Dresden: Warum wurde Abdullah A. H. H. nicht besser überwacht?
Abdullah A.H.H. war erst aus Gefängnis entlassen worden
Er war erst fünf Tage wieder auf freiem Fuß, dann stach er zu : Nach der Festnahme des mutmaßlichen Islamisten Abdullah A. H. H. wegen der Messerattacke auf zwei Dresden-Touristen Anfang Oktober regt sich Kritik an den Sicherheitsbehörden. Hätte die Tat verhindert werden können?
Behörden hatten Messerstecher als Islamisten auf dem Schirm
Der unter Mordverdacht stehende 20-jährige Syrer war 2018 vom Oberlandesgericht Dresden zu einer Jugendstrafe verurteilt worden, weil er für das Terrornetzwerk Islamischer Staat (IS) geworben hatte. Die Behörden hatten ihn seit 2017 als Islamisten auf dem Schirm. Auch deshalb mehren sich Kritik und Rufe nach lückenloser Aufklärung. Die Ermittlungen hat die Bundesanwaltschaft übernommen.
"Warum ist dieser islamistische Syrer nach Verbüßung seiner Haftstrafe nicht in Sicherungsverwahrung genommen oder abgeschoben worden", fragt der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, im "Spiegel". Allerdings besteht für Syrer, auch Verurteilte, ein Abschiebestopp. Somit ist die Antwort auf Merz’ Frage: Abschieben wäre nicht rechtens.
Auch Michael Theurer, FDP-Fraktionsvize im Bundestag, warf den Behörden Versäumnisse vor. Er stelle sich die drängende Frage, warum die sächsischen Sicherheitsbehörden "den Gefährder nicht besser überwacht haben" und "der abgelehnte Asylbewerber nicht längst abgeschoben wurde".
Im Video: RTL-Terrorismus-Experte Michael Ortmann schätzt den Fall ein
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Abschiebestopp auch für verurteilte Syrer
Die Unions-Mitglieder im Bundestagsinnenausschuss Christoph de Vries (CDU) und Michael Kuffer (CSU) forderten in der "Bild"-Zeitung eine Änderung der rechtlichen Grundlagen: "Es gibt gewichtige Gründe, dass die Innenministerkonferenz die geltende Beschlusslage mit Blick auf den Schutz der Bürger auf den Prüfstand stellt", sagte de Vries.
Sachsens SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Martin Dulig verlangte eine schnelle und vorbehaltlose Aufklärung des "abscheulichen Verbrechens". Der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, islamistischer Extremismus sei keinesfalls nebensächlich geworden, von ihm gehe "weiterhin eine hohe tödliche Gefahr aus". Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dort: "Unsere Priorität muss es sein, jede Form von Extremismus zu bekämpfen." Und: "Für ein effektives Vorgehen gegen Extremisten und Verfassungsfeinde brauchen wir gut ausgestattete Sicherheitsbehörden und angemessene und wirksame Befugnisse."
Abdullah A. H. H. ist nach Angaben der Dresdner Behörden seit 2015 in Deutschland und hat eine Duldung. Er sei am 29. September aus dem Jugendgefängnis entlassen worden und habe noch unter Führungsaufsicht gestanden. Die Ermittler sind überzeugt, dass er am Abend des 4. Oktober die Männer aus Nordrhein-Westfalen mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat. Ein 55-Jähriger aus Krefeld starb im Krankenhaus, ein 53-Jähriger aus Köln überlebte.
Bei der Auswertung der Spuren vom Tatort, wo auch ein Messer sichergestellt worden war, waren die Ermittler auf den bereits aktenkundigen Asylbewerber gestoßen. Das OLG Dresden hatte ihn Ende November 2018 wegen Werbens um Mitgliedern und Unterstützern einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Suche nach einer Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Körperverletzung und Bedrohung zu zwei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Das Landeskriminalamt Sachsen hatte ihn als "Gefährder" eingestuft - so werden bei der Polizei Extremisten genannt, denen man eine schwere Gewalttat bis hin zu Terroranschlägen zutraut.
Quelle: DPA/RTL.de