Keine Propaganda-Bühne für den Killer
Anders B. Breivik vor dem Haftrichter - unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der Attentäter von Oslo und Utøya ist nach dem schrecklichen Massaker dem Haftrichter vorgeführt worden. Das Gericht verhängte wie erwartet eine achtwöchige Untersuchungshaft gegen Anders Behring Breivik. Zudem wird der 32-Jährige für vier Wochen in vollständiger Isolation gehalten und rechtspsychiatrisch auf seine Zurechnungsfähigkeit untersucht. Von dem Attentäter gehe weiter ein großes Risiko aus, hieß es auf der Pressekonferenz des Gerichts.
Zuvor verhinderte der Haftrichter bereits, dass Breivik seine Motive der Öffentlichkeit darlegen konnte. Eine Gerichtssprecherin begründete den Ausschluss der zahlreich erschienenen Medienverterter mit Sicherheitsproblemen und Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen.
Vor dem Gericht gab der Attentäter zu, dass er der sozialdemokratischen Arbeiterpartei den größtmöglichen Schaden zufügen wollte. Sie sei für den Massenimport von Muslimen verantwortlich und habe dafür bezahlen müssen. Weiter sagte Breivik, er habe mit den beiden Anschlägen "ein kräftiges Signal" an das Volk geben wollen. Obwohl Attentäter Anders Behring Breivik vor Gericht die Fakten zu beiden Terroranschlägen gestanden hat, habe er sich nicht als schuldig bekannt, sagte ein Gerichtssprecher. Er habe es tun müssen um Norwegen und Westeuropa zu retten.
Breivik erklärte, er habe nicht das Ziel gehabt, so viele Menschen wie möglich zu töten, sondern ein starkes Signal auszusenden, dass nicht missverstanden werden kann. Breivik habe gesagt, die Arbeiterpartei zerstöre die norwegische Kultur und müsse die Verantwortung für diesen Verrat übernehmen.
Bei seinem Eintreffen vor dem Gericht attackierten Jugendliche das Auto des Attentäters. Sie traten gegen den schwarzen Jeep und riefen Beschimpfungen.
Breivik soll gegenüber seinem Anwalt Geir Lippestad den Wunsch geäußert haben, ihm eine Uniform für den Hafttermin zu beschaffen. Lippestad hatte im Fernsehen erklärt, es falle ihm insgesamt schwer, die Äußerungen des Massenmörders bei den Polizeiverhören "in vernünftiger Form" wiederzugeben.
Der Attentäter hatte in einem Geständnis seine Taten als "grausam, aber notwendig" bezeichnet. Angeblich wollte Breivik auch die frühere norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland ermorden. Die Osloer Zeitung 'Aftenposten' berichtete in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf Polizeikreise, dass der 32-Jährige dies bei Verhören angegeben habe.
Vor der Polizei gab der Attentäter nach 'Aftenposten'- Angaben an, dass er sich auf der Insel verspätet habe. Auch seine Pläne für die vorherigen Bombenexplosionen seien eigentlich umfassender gewesen.
Norwegen hat mit einer Schweigeminute der fast hundert Toten bei den beiden Terroranschlägen vom Freitag gedacht. Überall in dem skandinavischen Land haben die knapp fünf Millionen Bürger die Arbeit ruhen lassen. Alle Eisenbahnzüge wurden zum Halten gebracht, in der Hauptstadt Oslo ruhte auch der Straßenverkehr.
"Es sah aus, als habe er Spaß"
Der von den Behörden als "christlicher Fundamentalist" eingestufte Breivik hatte auf der winzigen Ferieninsel Utøya nahe Oslo ein grauenhaftes Blutbad unter rund 700 jungen Leuten angerichtet. Er erschoss auf einem fröhlichen Jugendtreffen gegen Intoleranz und für ein friedliches Miteinander mindestens 68 Teilnehmer oder trieb sie im Wasser in den Tod. "Jeder lief um sein Leben und hat versucht, wegzuschwimmen", sagte Camp-Organisator Adrian Pracon (21), der mit einer Schussverletzung überlebte.
Eine Stunde lang schoss der Attentäter mit einem Schnellfeuergewehr gezielt auf die zunehmend panischen Jugendlichen, die weder von der Insel fliehen noch auf schnelle Hilfe hoffen konnten. "Es sah aus, als habe er Spaß", sagte Augenzeuge Magnus Stenseth (18). Viele versuchten, sich zu verstecken oder die 700 Meter bis zum rettenden Ufer durch das kalte Wasser zu schwimmen. Als die Polizei endlich auf der Insel eintraf, ließ sich Breivik ohne Gegenwehr festnehmen.
Vor dem Massaker hatte der 32-jährige Norweger im etwa 40 Kilometer entfernten Oslo mit einer selbstgebauten Autobombe Teile der Innenstadt in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Mindestens acht Menschen wurden durch die Wucht der Explosion und Trümmer getötet. Das Büro von Ministerpräsident Stoltenberg wurde völlig verwüstet. Möglicherweise sollte die Explosion die Polizei ablenken. Deutsche waren nach bisherigen Erkenntnissen nicht unter den Opfern.
Norwegens Polizei verteidigt sich gegen den Vorwurf eines zu späten Eingreifens auf Utøya. Der Osloer Polizeichef Anstein Gjengedal sagte im TV-Sender NRK, die Antiterroreinheit "Delta" sei am Freitag sofort nach dem ersten Alarmruf trotz der vorherigen Bombenexplosion im Osloer Regierungsviertel in Gang gesetzt worden: "Wir waren schnell da." Der Attentäter hatte eine Stunde Zeit, auf der Ferieninsel auf Menschen zu schießen. Die Eliteeinheit der Polizei war in Autos aus dem 45 Kilometer entfernten Oslo gekommen. Gjengedal sagte zur Entscheidung für Autos statt Hubschrauber als Transportmittel: "Es war einfach das Schnellste." Der als Transportmittel einzig verfügbare Hubschrauber des norwegischen Militärs habe außerhalb Oslos gestanden und wäre deshalb alles in allem langsamer gewesen.
Attentäter Breivik hatte knapp drei Stunden vor dem ersten Anschlag ein wirres Manifest im Internet veröffentlicht: "Ich glaube, dies wird mein letzter Eintrag sein." Er wolle Europa vor "Marxismus und Islamisierung" retten. In dem Text stufte er "multikulturelle" Kräfte als Feinde ein.