Hamburger Jugendamt nimmt Epileptikerin das Kind weg
Angeblich stellt die Mutter eine Gefahr führ ihr Kind dar
Nur wenige Tage durfte Anna, eine Mutter aus Hamburg, ihr Baby nach der Geburt bei sich behalten. Dann ordnete ein Jugendamt an, dass die kleine Lucia in eine Pflegefamilie kommt. Der Grund: Anna ist Epileptikerin, und die Behörden sehen darin eine Gefahr für das Kind.
Die junge Mutter darf ihre kleine Tochter inzwischen nur zweimal am Tag sehen - unter Aufsicht und mit strengen Auflagen. "Wenn das eigene Kind weint und man darf es nicht in den Arm nehmen, ist das einfach nur eine Folter", erklärt sie im Interview mit RTL Aktuell. "Dann muss man sich hinsetzen, sich selbst beruhigen und zusehen, wie das eigene Kind beruhigt wird. Das ist traurig." Lucia hatte als Neugeborenes mehrmals Atemaussetzer. Das Jugendamt befürchtete wohl, dass Anna diese ausgelöst habe. Entweder mit Absicht - man vermutete eine psychische Störung - oder weil sie einen epileptischen Anfall hatte und dabei das Kind zu fest an sich gedrückt habe. Anna bestreitet das. Die Mutter fühlt sich hilflos: "Die Wut ist schon lange abgebrannt. Man hat ja gar keine Macht."
Inobhutnahmen durchs Jugendamt so hoch wie nie
Voraussetzung für eine Inobhutnahme ist, dass das Jugendamt eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes sieht. 2005 gab es 25.664 Inobhutnahmen, 2013 gab es dagegen schon 42.123.
Die Inobhutnahmen seitens der Behörden nehmen zu: Die Jugendämter in Deutschland nahmen noch nie so viele Kinder und Jugendliche zu ihrem eigenen Schutz in Obhut wie 2013. Der Anstieg zum Vorjahr erklärt sich durch die höhere Anzahl von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Allerdings ist mit 40 Prozent der häufigste Grund die Überforderung der Eltern oder eines Elternteils, teilte das statistische Bundesamt Ende Juli mit. Die Zahlen für die vielen Inobhutnahmen liegen wohl auch daran, dass das Jugendamt schneller eingreift. "Der Level liegt niederer. Es beginnt schon damit, dass Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes das Jugendamt motivieren, das Kind aus der Familie herauszuholen", beschreibt der Rechtsanwalt Günter Bär.
Doch in welchen Fällen soll das Jugendamt eingreifen, wann nicht? Wenn das Jugendamt zu spät reagiert, können im schlimmsten Fall Kinder sterben. "Es gibt einen Zwiespalt des 'richtigen Zeitpunktes'. Wir wollen Kinder nicht per se ihren Eltern wegnehmen. Sondern nur in solchen Fällen, wo es aus unserer Sicht notwendig erscheint", erklärt Falko Liecke, Stadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit im Berliner Stadtteil Neukölln. Für Anna gibt es jedoch neue Hoffnung. Ein Gutachten stellte fest, dass sie keine Gefahr für ihr Kind darstellt. Sie hofft, dass sie ihre Tochter nun bald wiederbekommt.