Haasenburg-Heime in Brandenburg werden geschlossen

Schwere Missstände und erheblicher Reformbedarf

Lange schon stand der Vorwurf der Misshandlung im Raum. Jetzt bestätigen Experten: Drill und Drangsalierung gehörten zum Alltag in den Haasenburg-Heimen. Es ist die Rede von schweren Missständen und erheblichem Reformbedarf in nahezu allen Bereichen. "Ich halte die Einrichtungen der Haasenburg GmbH deshalb für nicht reformierbar", so Brandenburgs Jugendministerin Martina Münch (SPD). Die Kinder- und Jugendheime der Haasenburg GmbH in Brandenburg sollen daher jetzt geschlossen werden. Sie sehe keine Alternative. Durch willkürliche Machtausübung in den Heimen bestehe eine latente Gefährdung des Kindeswohls, erklärte sie.

Haasenburg-Heime in Brandenburg
Experten bestätigen, Drill und Drangsalierung gehörten in den Haasenburg-Heimen in Brandenburg zum Alltag.
dpa, Patrick Pleul

Die Grundlage für Münchs Entscheidung ist der Bericht einer Untersuchungskommission, die die Ministerin im Sommer eingesetzt hatte. Dieser kritisiert auch die Aufsicht durch das Landesjugendamt. Die meisten Maßnahmen der Kontrollbehörde seien wirkungslos geblieben, bemängeln die Experten. "Es hätte früher und konsequenter gehandelt werden können", sagte der Vorsitzende der Kommission, Martin Hoffmann. Dies gelte für die örtlichen Jugendämter, das Landesjugendamt - und das Ministerium. Münch kündigte eine Überprüfung der Behörden an.

70 Verfahren gegen Erzieher und Betreiber

Die Heimaufsicht soll jetzt neu aufgestellt werden. "Die deutlichen Hinweise der Kommission zu den Versäumnissen in der Heimaufsicht machen klar, dass eine detaillierte Untersuchung der Vorwürfe notwendig ist", so Münch. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt in etwa 70 Verfahren gegen Erzieher und Betreiber. In den teils geschlossenen Heimen sollen Kinder und Jugendliche gedemütigt und misshandelt worden sein. Die Haasenburg GmbH weist die Vorwürfe zurück.

Was aber ist mit den 37 Bewohnern, die sich noch in den Heimen befinden? "Wir setzen natürlich die Jugendlichen nicht auf die Straße", so Münch. Gemeinsam mit den zuständigen Jugendämtern in ganz Deutschland werde nach Alternativen für sie gesucht. In den kommenden zwei Wochen werde der Entzug der Betriebserlaubnis vorbereitet.

Hamburgs Sozialbehörde sucht jetzt nach Alternativen, schwer erziehbare Kinder aus der Hansestadt unterzubringen, die sich noch in Haasenburg-Heimen in Brandenburg befinden. "Wir haben das Familieninterventionsteam heute Morgen beauftragt, die alternative Betreuung umzusetzen", sagte Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). Derzeit befinden sich laut Scheele noch zwei Minderjährige aus Hamburg in der Einrichtung. Ein Dritter werde aus dem Wochenendurlaub bei der Mutter nicht mehr nach Brandenburg zurückkehren und werde vom Kinder- und Jugendnotdienst betreut.

Teile der Opposition forderten bereits im Sommer vergeblich, alle Kinder sofort zurückzuholen. Die Grünen fragten sich nun, "warum Hamburgs Sozialsenator trotz aller Alarmsignale bis zuletzt an der Haasenburg-Unterbringung festgehalten hat", erklärte die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke. Auch der familienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Finn Ole Ritter, kritisierte: "Hamburgs Sozialsenator hat die Missstände viel zu lange geleugnet."

Die Sozialbehörde dagegen verwies darauf, im Juni 2013 als erstes Bundesland einen Belegungsstopp verfügt zu haben. Mit den Jugendlichen, die blieben, habe es regelmäßigen Kontakt gegeben. Missbrauchsvorwürfen sei umgehend nachgegangen worden und hätten sich in den betreffenden Fällen der Hamburger Jugendlichen nicht bestätigt.

Die Hamburger CDU erklärte, der Stadtstaat werde auch künftig als letztes Mittel für schwer straffällige Jugendliche nicht auf eine geschlossene Heimunterbringung verzichten können. "Wir fordern den Senat auf, umgehend Planungen für eine gemeinsame geschlossene Einrichtung der norddeutschen Länder voranzutreiben", sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries.