Gruppenvergewaltigung an 14-Jähriger: Bundesgerichtshof verhängt höhere Strafen
Nach Skandalurteil: Bundesgerichtshof verschärft Strafen
Dieser Fall ist an Abartigkeit kaum zu übertreffen: 2016 wurde eine 14-Jährige auf einer Party von einer Gruppe Jungs betrunken gemacht, vergewaltigt und dann halbnackt und bewusstlos vor die Tür gelegt. Das Unverständliche: In einem ersten Verfahren kamen alle bis auf einen mit Bewährungsstrafen davon – und feierten sich auch noch dafür. Bei diesem Skandalurteil schaltete sich dann der Bundesgerichtshof ein und beschloss in Revision zu gehen - und weit schärfere Strafen zu verhängen.
Was war passiert?
Bei einer Geburtstagsfeier im Februar 2016 in Hamburg-Harburg passiert etwas Grauenhaftes: Vier überwiegend minderjährige Männer machen ein 14 Jahre altes Mädchen erst betrunken und vergewaltigten es dann mit extremster Brutalität. Besonders skrupellos: Die 15-jährige Freundin des Opfers filmt die Tat auch noch mit ihrem Handy. Danach legen die Täter ihr hilfloses Opfer bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nur mit Unterwäsche bekleidet in einem Hinterhof ab.
Richterin entsetzt über Gefühllosigkeit der Täter
Im Revisionsprozess vor dem Hamburger Landgericht werden am Mittwoch drei der fünf Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen viereinhalb Jahren und zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zu Beginn der Urteilsbegründung sagt die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring, man habe versucht, Antworten auf die Frage zu finden, warum die jungen Leute "diese abscheuliche Tat begangen haben". Nicht nur die Gefühllosigkeit der Täter, sondern auch "ihre Sprachlosigkeit haben uns entsetzt".
Die Angeklagten seien "keine Menschen, die über ein normales Wertegerüst verfügen" - sie hätten vielmehr "in emotionaler wie in sozialer Hinsicht hoch defizitäre Persönlichkeitsstrukturen - so traurig es ist, dies auszusprechen". Die Kammer macht auch deutlich, dass es sich "keineswegs um Gelegenheitstaten eines Partygeschehens" gehandelt habe.
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Angeklagte redeten Taten klein
Der zum Tatzeitpunkt einzige Erwachsene, ein damals 21 Jahre alter Serbe, wird wie bereits im ersten Verfahren im Oktober 2016 zu einer langen Haftstrafe verurteilt - diese wird jedoch um weitere sechs Monate auf nun viereinhalb Jahre verlängert.
Ein damals 17-Jähriger erhält eine Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, ein zum Tatzeitpunkt 14-Jähriger eine dreijährige Jugendstrafe. Beide waren nach der Tat erneut mehrfach durch Straftaten aufgefallen. Sie waren im ersten Prozess nur zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.
Die zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alte deutsche Freundin des Opfers, die die Quälerei gefilmt hatte, und ein damals 16-Jähriger werden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der junge Mann war laut Richterin Meier-Göring der einzige Angeklagte, der "echte Reue" gezeigt habe. Die anderen Beschuldigten hingegen hätten im Prozess versucht, "ihre Tatbeiträge kleinzureden", und versucht, "die Verantwortung auf die anderen Angeklagten abzuwälzen".
Höhere Freiheitsstrafen verhängt
Dass im Revisionsprozess gegen vier der Angeklagten wesentlich höhere Freiheits- beziehungsweise Jugendstrafen verhängt werden, begründet die Kammer unter anderem mit "erheblichen Erziehungsbedarf, der nur im Rahmen eines länger andauernden Jugendstrafvollzugs gewährleistet werden" könne.
Die heute 16 bis 23 Jahre alten Angeklagten nehmen die Urteile regungslos entgegen. Am Ende der Urteilsbegründung wendet sich Meier-Göring mit der Bitte an die Öffentlichkeit, die Angeklagten nun in Ruhe zu lassen und "ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben zu ändern". Und die Vorsitzende Richterin mahnt: "Für Rache und Vergeltung ist in diesem System kein Platz."