Urteile nach Anschlägen in Sachsen
Gericht verurteilt Mitglieder der rechtsextremen "Gruppe Freital" - drei Bewährungsstrafen
Mitglieder der rechtsextremen "Gruppe Freital" verurteilt
Im zweiten Prozess gegen Mitglieder der rechtsextremen "Gruppe Freital" hat das Dresdner Oberlandesgericht die Urteile gegen drei Männer und eine Frau verkündet. Sebastian S.(27) wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt, unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Dirk A. (53) bekam zwei Jahre auf Bewährung, unter anderem wegen Sachbeschädigung und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Ferenc A. (31) erhielt ebenfalls zwei Jahre auf Bewährung, Stephanie F. (31) sechs Monate auf Bewährung.
Anschläge in Sachsen: So begründet das Gericht die Bewährungsstrafen
Bei den Bewährungsstrafen wertete das Gericht, dass die Taten bereits länger zurückliegen, die Angeklagten Reue zeigten und bei ihnen eine Wesensveränderung eingetreten sei.
Die "Gruppe Freital" hatte sich im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 gegründet. Ihre Mitglieder verübten im gleichnamigen Ort in Sachsen Brand- und Sprengstoffanschläge und griffen Andersdenkende an. Im ersten Prozess wurden 2018 bereits acht Mitglieder zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt .
Tod von Menschen in Kauf genommen
Die Ermittlungsbehörden betrachten die am Donnerstag verurteilten Personen als "zweite Reihe" der Terrorgruppe. Sebastian S. und Dirk A. waren nach Ansicht des Gerichts Mitglieder der Gruppe und am „Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ beteiligt. Auch Ferenc A. war Mitglied der Gruppe. Stephanie F., die einzige Frau, unterstützte sie. F. war damals die Freundin eines der Köpfe der Gruppe.
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Stadtrat verließ Freital zwei Jahre nach Anschlägen
Sebastian S., der als Einziger keine Bewährungsstrafe bekam, war laut Gericht „als unmittelbar Ausführender“ an zwei Sprengstoffanschlägen beteiligt: zum einen auf das Auto des damaligen Freitaler Stadtrats Michael Richter, zum anderen auf das Büro der Partei "Die Linke" in Freital.
Die Taten wirkten in Freital, das als rechtsextremer Hotspot in der Gegend gilt, Jahre später nach: Stadtrat Michael Richter (Die Linke), dessen Auto in die Luft gesprengt worden war, verließ die Stadt zwei Jahre nach dem Anschlag gegen ihn.
"Jetzt ziehe ich die letzte Konsequenz – indem ich im Dezember Freital verlasse und in Bayern neu anfange", sagte der Politiker 2017 zu "Spiegel Online". Als Grund nannte er unter anderem die Angst vor weiteren Angriffen. Er fühle sich in Freital "permanent von Rechten umgeben", erklärte Richter.
Freital: Einige Bewohner reden die Taten klein
Während der Prozess bundesweit großes Interesse hervorrief, war die Anteilnahme in Freital vergleichsweise gering. "Gefühlt ist es den meisten Leuten egal", berichtete RTL-Reporterin Darline Jonasson im September 2020. Einige Freitaler bestätigten ihr, der Ort habe ein Problem mit Rechtsextremen. Ein im Krieg aufgewachsener Rentner warnte davor, die Gefahr zu unterschätzen.
Viele andere allerdings redeten die Taten der terroristischen Gruppe klein. Diese seien "viel zu sehr aufgebauscht worden", sagte ein Bewohner. Die Taten aus dem Jahr 2015 werden immer wieder als "Dumme-Jungen-Streiche" bezeichnet – RTL-Reporter in Freital hörten diese Formulierung in den letzten Jahren häufiger.
Letzte Woche hat der dritte und letzte Prozess gegen die "Gruppe Freital“ begonnen – drei weitere mutmaßliche Unterstützer sind angeklagt.