Friedensnobelpreis für Liu Xiaobo
Peking bestellt norwegischen Botschafter ein
Höchststrafe für das kommunistische China wegen Missachtung der Menschenrechte: Der Friedensnobelpreis 2010 geht an den inhaftierten Bürgerrechtler Liu Xiaobo. Das norwegische Nobelkomitee in Oslo zeichnete den 54-Jährigen für "seinen langen und gewaltlosen Kampf für fundamentale Menschenrechte" aus. Die Führung in Peking reagierte mit aller Schärfe und nannte Liu einen Kriminellen.
Mit ihm wird - nach dem von den Nazis verfolgten und ins KZ gebrachten Deutschen Carl von Ossietzky 1936 - zum zweiten Mal ein Inhaftierter gewürdigt. Zugleich ging der Friedensnobelpreis damit erstmals an einen Chinesen.
Chinas Regierungschef Wen Jiabao sagte die Abschlusspressekonferenz eines Gipfels mit der EU in Brüssel ab, weil er sich unabhängigen chinesische Journalisten hätte stellen müssen, wie Diplomaten sagten.
Der norwegische Botschafter in Peking ist wegen der Verleihung des Friedensnobelpreises an den Dissidenten Lio Xiaobo ins chinesische Außenministerium einbestellt worden. Das bestätigte das Außenministerium in Oslo am Freitagabend. Einzelheiten wurden nicht bekannt.
Liu galt als einer der Favoriten für den Friedensnobelpreis 2010 und das Osloer Komitee sah sich schon vor der Entscheidung massivem Druck ausgesetzt. Peking drohte nun der norwegischen Regierung offen mit einer Verschlechterung der Beziehungen.
Den norwegischen Komiteechef Thorbjørn Jagland ließ das kalt. Er stellte klar: "Wir sind völlig unabhängig in unseren Entscheidungen." Der 54-jährige Liu sitze im Gefängnis, weil er seine politische Meinung verbreitet habe, begründete das Komitee die Entscheidung. "In China sind die Freiheitsrechte weiter eindeutig eingeschränkt."
Festnahmen im China
Liu Xia, die Ehefrau des Ausgezeichneten, hat von der Ehrung am Telefon erfahren. Sie habe es kaum glauben können, als der Name ihres Mannes bekanntgegeben worden sei, sagte sie in einem Telefon-Interview.
In einer Erklärung der Menschenrechtsorganisation Freedom Now forderte Liu Xia zudem die Freilassung ihres Mannes. Sie hoffe, dass sich auch die internationale Gemeinschaft für seine Entlassung aus der Haft einsetze, sie. Sie verwies auf die Begründung des Nobel-Komitees, nach der China wegen seiner neuen Stellung in der Welt eine größere Verantwortung trägt. "China sollte sich dieser Verantwortung stellen, auf seine Wahl stolz sein und ihn aus dem Gefängnis entlassen", erklärte Liu Xia.
Bei spontanen Feiern nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den Bürgerrechtler Liu Xiaobo sind in Peking rund 20 prodemokratische Aktivisten festgenommen worden. Wie die Bürgerrechtlerin Wang Lihong der Nachrichtenagentur dpa telefonisch aus dem Polizeigewahrsam berichtete, hätten sie zunächst Karaoke gesungen und dann in einem Restaurant nahe des Ditan-Parkes gefeiert. "Wir waren so glücklich."
Plötzlich seien rund zehn Polizeifahrzeuge mit rund 50 Polizisten gekommen. "Sie forderten uns auf, zu 'kooperieren'", sagte Wang Lihong. "Die Polizisten waren sehr unverschämt." Die Aktivisten seien erst auf die Hepingli-Wache gebracht, dann auf andere Polizeistationen verteilt worden.