EU-Studie: Immer mehr Ausbeutung durch Prostitution und Zwangsarbeit
Menschenhandel: Auch Deutschland setzt die EU-Vorgaben nicht um
Es geschieht mitten unter uns und viele Menschen wissen nicht einmal etwas davon: In der Europäischen Union werden offenbar immer mehr Menschen als Prostituierte oder Zwangsarbeiter ausgebeutet. Das ist das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der EU zum Thema Menschenhandel, berichtet die 'Welt am Sonntag', der die Studie vorliegt.
Offiziell vorgestellt wird das Werk von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Dem Bericht zufolge stieg die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel zwischen 2008 und 2010 um 18 Prozent von 6.309 auf 9.528 pro Jahr. Die Zahl der verurteilten Menschenhändler sei dagegen in den Berichtsjahren um 13 Prozent gesunken, von 1.534 im Jahr 2008 auf 1.339 im Jahr 2010. In Deutschland seien die Verurteilungen sogar um 15 Prozent zurückgegangen, von 155 auf 131.
EU-Kommissarin über Ergebnisse "sehr enttäuscht"
Nach der Studie seien von 2008 bis 2010 in der EU 23.623 Opfer von Menschenhandel offiziell registriert worden, 68 Prozent Frauen, zwölf Prozent Mädchen, 17 Prozent Männer und drei Prozent Jungen. Zwei von drei Betroffenen seien zur Prostitution gezwungen (68 Prozent), andere als Arbeitskräfte ausgebeutet, zu Straftaten gezwungen worden oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen. Die meisten Opfer (61 Prozent) stammten aus EU-Ländern, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, gefolgt von Afrika und Südamerika. Die EU-Kommission gehe allerdings davon aus, dass diese Zahlen "nur die Spitze des Eisbergs" sind.
Malmström sagte der Zeitung: "Ich bin sehr enttäuscht zu sehen, dass trotz der alarmierenden Tendenzen nur wenige Länder die neue EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt haben."
Die EU-Richtlinie soll helfen, Menschenhandel effektiver zu bekämpfen und die Rechte der Opfer zu stärken. Bisher haben erst fünf von 27 Mitgliedsländern sie vollständig umgesetzt. Auch die Bundesregierung hat es bisher nicht geschafft, die Vorgaben aus Brüssel gesetzlich zu verankern.