Energie
Diskussion um Beschleunigung beim Solarausbau im Nordosten
Beim Ausbau der Erzeugungskapazitäten für Photovoltaik könnte es aus Sicht der Grünen schneller gehen. Neue Regeln für die Ausweitung von Flächen verfehlten bisher ihre erwünschte Wirkung. Keine der seit Juni 2021 beantragten Sondergenehmigungen - sogenannte Zielabweichungsverfahren (ZAV) - für den Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen sei bisher genehmigt worden, hieß es von der Grünen-Fraktion im Landtag auf Basis einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung. Die rot-schwarze Vorgängerregierung hatte vor einem Jahr die zugehörigen Regelungen konkretisiert, mit dem Ziel, dass die Anträge öfter erfolgreich sind. Zuvor hatte der NDR berichtet.
Von den insgesamt 61 Anträgen liegen einige schon über ein Jahr beim zuständigen Ministerium und kein einziger wurde bisher vollständig bearbeitet. Statt der Verdreifachung der Fläche bei einer Gesamtleistung von dann 6000 MW installierter Leistung bleibt es beim Stillstand der letzten Jahre, sagte der energie- und klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hannes Damm, dem NDR.
Der Antwort der Landesregierung zufolge wurden zudem erst bei drei der beim Wirtschaftsministerium eingereichten Anträge die darüber hinaus zuständigen Fachministerien angefragt. Dies sei der erste Schritt im Genehmigungsverfahren nach der Vorlage entscheidungsreifer Unterlagen und deren Prüfung.
Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) räumte am Dienstag ein: Bislang ist der Verwaltungsaufwand und Abstimmungsbedarf bei der Genehmigung von Solarkraftwerken hoch. Mit den betroffenen Behörden arbeite man aktuell an der Vereinfachung der Verfahren. Klimaschutzminister Till Backhaus (SPD) zufolge sollten die ZAV jedoch nicht als alleiniger Maßstab für den Solarausbau hergenommen werden. Von den im sogenannten Landesraumentwicklungsprogramms (LEP) regulär ausgewiesenen Flächen seien bisher erst ein Prozent genutzt, hierfür bräuchte es gar kein gesondertes Verfahren. Zielabweichungsverfahren sind und bleiben Ausnahmeverfahren vom LEP. Ein höherer bürokratischer Aufwand als bei «normaler Umsetzung des LEP ist dabei unumgänglich», so Backhaus.
Neben der von der Industrie oft beanstandeten Komplexität fehlt laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW beim Thema Photovoltaik auch der Überblick darüber, wie lange Genehmigungen für Kraftwerke in Deutschland aktuell dauern, es fehle an aussagekräftigen Daten. Dies liegt zum einen daran, dass der Ausbau viel kleinteiliger ist. Es gibt auch kein unabhängiges Institut zur Erfassung/Auswertung von Daten gibt, hieß es weiter.
Auch Johann-Georg Jaeger vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) bestätigte die mangelnde Datenlage. Aus seiner Sicht liegt die Dauer der aktuellen Sondergenehmigungsverfahren im Nordosten jedoch vor allem an zu unscharfen Kriterien, er forderte eine Vereinfachung - besonders wenn es um das Thema Bürgerbeteiligung geht. Projektentwickler sollten diese Bedingung mit der Zusage zu einer finanziellen Beteiligung der Kommunen - statt der einzelnen Bürger - erfüllen können, ohne kreativ werden zu müssen.
Jaeger zufolge hätte die Landesregierung allen Grund, die Regelungen nochmal anzufassen: Aktuell sollen mittels der ZAV bis zu 5000 Hektar zusätzlich für Solarstrom bereitgestellt werden. Der LEE geht jedoch davon aus, dass 10.000 Hektar Zubau nötig sind, um die Ausbauziele der Bundesregierung zu erfüllen.