Corona-Situation im Kindergarten
Erzieherin schlägt Alarm: "Das, was von oben beschlossen wird, können wir gar nicht umsetzen"
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Politik und Eltern wollen die Kitas offen halten
Die Linie der Politik war bisher eindeutig: Kitas sollen in der Corona-Krise unbedingt geöffnet bleiben. Doch unter welchen Bedingungen arbeiten die Erzieher im Moment? Können unsere Kinder derzeit überhaupt gut betreut werden? Eine Erzieherin schlägt bei uns Alarm: Pädagogische Arbeit ist eigentlich nicht mehr möglich, es gehe nur noch um Beaufsichtigung, überall fehle Personal und hinzu kommt die Angst um die eigene Gesundheit. Die Erzieherin möchte nicht erkannt werden, daher haben wir sie verfremdet. Das Interview sehen Sie im Video.
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Maßnahmen nicht umsetzbar - Lisa N. wünscht sich, dass die Zahl der Kinder eingeschränkt wird
„Im Moment arbeiten wir unterbesetzt, teilweise fünf Tage die Woche in sieben bis acht Gruppen. Ich komme so auf circa 150 Kontakte und verschiedene Haushalte“, erzählt uns die Erzieherin, die wir hier Lisa N. nennen. „Das, was von oben, von den Ministerpräsidenten oder Politikern beschlossen wird, können wir in den Einrichtungen gar nicht umsetzen. Also sei es Hygiene, Vorschriften oder Maßnahmen.“ So würden die Erzieher auch nicht mit Masken arbeiten. „Wir arbeiten mit kleinen Kindern, mit größeren Kindern. Da läuft keiner mit Maske rum. Und von einem Mindestabstand kann ich gar nicht erst anfangen.“
Sie wünscht sich, dass die Zahl der Kinder, die die Einrichtung besuchen dürfen, beschränkt wird. Man müsse an die Eltern appellieren, die die Möglichkeit haben, von zu Hause zu arbeiten, sagt Lisa N. Das Verständnis der Eltern sei aber sehr gering, auch wenn die Situation offensichtlich sei. Sie wünsche sich außerdem, dass die Öffnungszeiten auf ein Minimum beschränkt würden und nur noch Notfall-Betreuung angeboten würde.
„Es gibt niemand, der kommt und hilft und unterstützt“
Man fühle sich teilweise „richtig verarscht“: Durch den Krankheitsstand hätte sie zusammen mit einer anderen Kollegin über eine Woche lang zu zweit 150 Kinder betreut. „Es gibt niemand, der kommt und hilft und unterstützt“.
Sie habe täglich Kopfschmerzen, Nackenschmerzen und müsse abends teilweise erbrechen – die Situation in der Kita belaste sie immens. Doch Krankschreiben käme auch nicht in Frage, „man hat natürlich immer ein schlechtes Gewissen den Kollegen gegenüber, die noch durchhalten.“
In Deutschland gibt es laut statistischem Bundesamt 57.600 Kitas in Deutschland, das heißt: 3,7 Millionen Kinder werden derzeit in Kindertagesstätten und Kindergärten betreut. Die Familienministerin Franziska Giffey hatte sich vergangene Woche zu der Situation der Kitas geäußert.
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Giffey: „Kitas sind keine Infektionstreiber"
„Nach den aktuellsten Zahlen waren lediglich 5,8 Prozent der Kitas aufgrund von Infektionen ganz oder teilweise geschlossen, das heißt: in den anderen mehr als 90 Prozent lief der Betrieb", sagte Giffey. „Und das zeigt doch: Es war richtig, dass wir darauf gesetzt haben, Kitas offenzuhalten. „Kitas sind keine Infektionstreiber." Giffey forderte, dass Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung als eine der ersten Gruppen die Möglichkeit zur Impfung bekommen sollte. In diesem Arbeitsfeld könne sich das Personal am wenigsten schützen.
Für Lisa N. ist das nicht nachvollziehbar: „Da verstehe ich die Ministerpräsidenten oder Politiker, die solche Vorschriften aushängen oder aussprechen nicht. Die haben keine Ahnung, die sollen mal eine Woche zu uns kommen und diese Arbeit machen.“ Dann könne man mal darüber sprechen, welche Hygienemaßnahmen möglich seien, und wie die Kita-Mitarbeiter entlastet werden könnten…