Besetzen wir den Begriff doch einfach positiv

Brauchen wir in der Klimakrise eine Ökodiktatur?

Brandenburg, Grießen: Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde.
Der Klimawandel sorgt regelmäßig für Herzklopfen und ist häufig ein Thema fürs schlechte Gewissen.
ppl;cse pil, dpa, Patrick Pleul

Ökodiktatur ist nur ein Wort - wie wollen wir leben?

Immer wieder macht das Wort der „Ökodiktatur“ die Runde, wenn es darum geht, die Klimakrise zu bewältigen. Wirtschaftsvertreter kriegen Herzattacken, wenn ihnen dieses Wort über den Weg läuft, Politiker scheuen es wie der Vampir das Licht. Fakt ist aber: Wir müssen unser Leben radikal verändern. Das muss jedoch überhaupt nicht schlecht sein. Und wir müssen dafür auch nicht die Demokratie opfern. Es ist die Frage, wie diese „Ökodiktatur“ ausgestaltet wird und wie sie gelebt wird. Und welche Rolle sollte der Staat dabei einnehmen?

Ein Kommentar von Oliver Scheel

Radikaler Umweltschutz als Chance für uns alle

"autofrei" ist auf eine Straße gesprüht
Müssen wir unser Verständnis von Umweltschutz neu definieren?
deutsche presse agentur

Niemand mag in einer Diktatur leben, das ist doch klar. Wir brauchen ein neues Wort für die Rettung der Erde. Verpacken wir es positiv. Niemand würde sagen, wir leben in einer Wirtschaftsdiktatur. Aber tatsächlich hat die Politik in den zurückliegenden 40 Jahren alles dafür getan, dass die Unternehmen so einfach es geht, Gewinne einstreichen. Zölle wurden abgebaut, globaler Warenverkehr vereinfacht, wir haben eine große europäische Währung geschaffen, Hunderte von Wirtschaftsabkommen haben alle Länder dieser Welt miteinander verbunden. Damit die Wirtschaft brummt. Dagegen konnten wir uns kaum wehren, aber haben wir es deshalb als Diktatur aufgefasst?

Darum geht es auch beim Umweltschutz. Wir haben alle immer Angst vor Verzicht und Verlust. Da haben die Umweltschützer im Gegensatz zur Wirtschaft leider schlechte Lobbyarbeit geleistet. Ihre Warnungen und Horrorszenarien haben eine Abwehrhaltung erzeugt. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber und man gewinnt natürlich keine Mehrheiten, wenn man den Untergang predigt und Verlustängste befeuert.

Warum fassen wir den radikalen Umweltschutz nicht als Chance für ein neues Leben auf? Was ist schlecht an einer autofreien Innenstadt? Was ist schlecht an einem Urlaub ohne Flugzeug? Was ist schlecht daran, ab und an auf ein Stück Fleisch zu verzichten? Gewinne ich durch all das nicht viel mehr als ich verliere?

Keine Weltuntergangsstimmung, sondern Aufbruch

Solarzellen liegen auf einem Ziegeldach.
Durch erneuerbare Energien sind bereits neue Berufe entstanden, könnte das erst der Anfang gewesen sein?
scg fgj pil ade fka, dpa, Sebastian Gollnow

Der Klimawandel ist die größte Bedrohung unserer Zeit, das wissen die Menschen ja. Und er ist verknüpft mit vielen anderen Problemen wie Flucht, Krieg und Hunger. Wir müssen also etwas tun, das ist klar. Und mittlerweile ist das sogar vielen Investoren und Wirtschaftslenkern bewusst. Auf einem endlichen Planeten gibt es kein endloses Wachstum. Wir müssen also neu denken. Was können wir besser machen? Welche Schritte können wir als erste gehen?

Wir dürfen auf jeden Fall nicht immer von der Apokalypse reden. Nehmen wir den Menschen die Angst. Nicht Verzicht predigen, sondern etwas Neues schaffen. Eine positive Weltsicht auf eine Stadt ohne Autos. Neue Berufsfelder, die durch erneuerbare Energien entstehen. Neue Jobs durch nachhaltigen Tourismus, Chancen für ländliche Regionen. Keine Weltuntergangsstimmung, sondern Aufbruch muss das Motto sein.

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Der Staat fördert im Moment die Falschen

Dass die Politik es kann, hat sie in der Coronakrise bewiesen. Plötzlich wurden Maßnahmen ergriffen, die ein Jahr zuvor undenkbar waren. Und die Bevölkerung hat sie mitgetragen. Klar gibt der Staat die Leitplanken vor. Aber sie gehen derzeit beim Umweltschutz in die völlig falsche Richtung. Wir subventionieren Flugbenzin, wir zahlen eine Pendlerpauschale, wir entschädigen Kohlekraftwerksbetreiber mit Milliarden, wir zahlen horrende Subventionen im Agrarbereich für Fläche, nicht für biologischem Anbau.

Warum belohnt der Staat nicht endlich klimafreundliches Verhalten? Der Staat muss die Richtung vorgeben. Aber noch fehlt der Kompass. Es ist möglich, die Welt zu verändern. Auch radikal. Die Regierung muss es nur wollen und wir müssen die Bereitschaft zeigen, den Weg mitzugehen. Wir müssen unser Denken drehen. Dann ist es gar keine Ökodiktatur. Dann sagen wir vielleicht in ein oder zwei Generationen: „Das hat ja gar nicht wehgetan.“

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