Kinderärztechef in Sorge

Eltern gehen im Lockdown viel seltener mit Kindern zum Arzt

Viele Eltern scheuen aus Angst vor Corona den Gang zum Kinderarzt.
Viele Eltern scheuen aus Angst vor Corona den Gang zum Kinderarzt.
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Die Jüngsten und die Ältesten leiden am meisten

Die Corona-Krise bedroht zwar nicht nur ältere Mitmenschen – aber die gesundheitliche Gefahr für sie ist am größten. Aber auch die Kleinsten bekommen all den Stress, den die Pandemie auslöst, zu spüren. Der Kita- und Schul-Alltag war plötzlich ganz weg und danach ganz anders, die Anspannung der Erwachsenen springt auf die Kleinen über. Außerdem wurde teilweise auch auf nötige medizinische Betreuung verzichtet. Das bestätigen nun auch Zahlen der DAK. Dem Präsidenten des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, bereitetet das Sorgen.

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Krankenhaus-Fälle um 41 Prozent zurückgegangen

Der coronabedingte Lockdown im Frühjahr hat zu einem massiven Rückgang der Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen geführt. Im März und April sei im Vergleich zum Vorjahr fast jede zweite Operation ausgefallen, teilte die Krankenkasse DAK-Gesundheit am Montag in Hamburg mit. Die Zahlen beziehen sich auf junge DAK-Versicherte in ganz Deutschland.

Insgesamt seien die Krankenhaus-Fälle um 41 Prozent zurückgegangen, erklärte die Kasse unter Hinweis auf eine Sonderanalyse der Universität Bielefeld. Die Hochschule hatte im Auftrag der DAK-Gesundheit die anonymisierten Klinikdaten von mehr als 750.000 bei der DAK versicherten Kindern und Jugendlichen im Alter von null bis 17 Jahren untersucht und die ersten Halbjahre 2019 und 2020 verglichen.

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Aus Angst vor Ansteckung Untersuchungen nicht veranlasst

Im Frühjahrs-Lockdown seien in den Kliniken viele nicht dringende stationäre und ambulante Behandlungen drastisch oder vollständig eingestellt worden, erklärte der Direktor des Bielefelder Universitätsklinikums für Kinder- und Jugendmedizin, Prof. Eckard Hamelmann. "Aus Angst vor Ansteckung wurden aber auch viele notwendige Untersuchungen nicht oder sehr spät durch die Eltern und Sorgeberechtigten veranlasst." Das habe dazu geführt, dass vermehrt schwere und komplizierte Verläufe bei chronischen Erkrankungen oder auch bösartigen Neuerkrankungen aufgetreten seien.

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DAK-Vorstandschef: "Kinder- und Jugendgesundheit spielt eine zu geringe Rolle"

DAK-Vorstandschef Andreas Storm sagte: "Es darf nicht sein, dass notwendige Behandlungen aus Angst vor Ansteckungen verschoben werden." Die Kinder- und Jugendgesundheit spiele in der Corona-Diskussion eine zu geringe Rolle. Dem Präsidenten des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, bereiteten vor allem die Rückgänge der Behandlungszahlen bei Asthma mit minus 47 Prozent und bestimmten psychischen beziehungsweise sozialen Störungen um minus 35 Prozent Sorgen.

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Kein Rückgang bei ernsthaften Diagnosen wie Krebserkrankungen

Weil es wegen der Kontaktbeschränkungen zu weniger Ansteckungen gekommen sei, seien beispielsweise 64 Prozent weniger Fälle mit virusbedingten Darminfektionen behandelt worden. Bei Mittelohr- und Kehlkopfentzündungen betrug der Rückgang den Angaben zufolge jeweils 44 Prozent. Auch Bänderverletzungen mit minus 40 Prozent und Gelenkschädigungen mit minus 34 Prozent seien deutlich zurückgegangen. Bei ernsthaften Diagnosen wie Krebserkrankungen habe es jedoch keinen Rückgang gegeben. Bei der DAK-Gesundheit sind bundesweit 5,6 Millionen Menschen versichert.


Quelle: DPA

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