03. März 2021 - 12:46 Uhr
Bundesamt äußert sich nicht öffentlich
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als Rechtsextremismus-Verdachtsfall ein. Nach dpa-Informationen setzte der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, die Landesämter für Verfassungsschutz darüber in einer internen Videokonferenz in Kenntnis. Wegen eines laufenden Gerichtsverfahrens äußert sich das Bundesamt derzeit nicht öffentlich zu der Frage der Einschätzung der AfD.
Zuvor hatten "Spiegel" und "Tagesschau" übereinstimmend berichtet. Die Partei steht damit deutschlandweit unter Beobachtung. Der Verfassungsschutz könnte damit auch auf nachrichtendienstliche Mittel zurückgreifen.
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Rechtsstreit: Verfassungsschutz muss vorerst auf geheimdienstliche Mittel verzichten
"Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist skandalös", sagte der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. "Obwohl die Behörde die Einstufung als Verdachtsfall nicht bekannt geben darf, lanciert sie entsprechende Informationen an die Medien, um auf diese Weise den demokratischen Parteienwettstreit zu Lasten der AfD zu beeinflussen."
Wegen eines noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahrens gibt das Bundesamt derzeit öffentlich keine Stellungnahme zur Frage der Einschätzung der AfD ab. "Mit Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht äußert sich das Bundesamt für Verfassungsschutz in dieser Angelegenheit nicht öffentlich", teilte die Kölner Behörde mit.
Das Bundesamt hatte dem Kölner Verwaltungsgericht diese Woche jedoch umfänglich Einblick in seine Einschätzung zur AfD gewährt. Die AfD wehrt sich in einem Eilverfahren mit juristischen Mitteln gegen eine mögliche Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Diese Einstufung ermöglicht grundsätzlich auch das Anwerben von Informanten, die aus der Partei an den Inlandsgeheimdienst berichten.
Middelberg (CDU): "Nie eindeutig von Rechtsextremen wie Herrn Höcke distanziert“
Der Verfassungsschutz hatte dem Gericht zugesagt, bis zum Ende des Eilverfahrens Kandidaten und Abgeordnete der Partei nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu überwachen. Außerdem werde der Verfassungsschutz bis zum Abschluss des Verfahrens darauf verzichten, öffentlich bekanntzugeben, ob er die AfD als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstuft.
Das Gericht stellte daraufhin fest, angesichts der vom Bundesamt für Verfassungsschutz abgegebenen Erklärungen könnte sich eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln während der Dauer des Eilverfahrens lediglich auf die einfachen Mitglieder der Partei auswirken.
"Dass der Verfassungsschutz die AfD nun offenbar bundesweit beobachtet, wundert nicht", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg. "Die Partei hat sich nie eindeutig von Rechtsextremen wie Herrn Höcke distanziert", kritisierte Middelberg mit Blick auf den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke. Die Partei habe es jetzt in der Hand, "sich mit einem Reinigungsprozess der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entziehen." Es sei aber fraglich, ob ihr das gelingen werde.
Hat die AfD gegen Menschenwürdegarantie und Demokratieprinzip verstoßen?

Grundlage für die Beobachtung der gesamten AfD ist ein Gutachten von Juristen und Rechtsextremismus-Experten. Dieses soll nach "Spiegel"-Information auf rund 1.000 Seiten Anhaltspunkte dafür liefern, dass die Partei gegen die Menschenwürdegarantie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoße – zusammengetragen seit Anfang 2019. Die Einstufung zum Verdachtsfall soll am vergangenen Donnerstag erfolgt sein.